Nach seinem Rücktritt als Wirtschaftsminister der Türkei wird von dem angesehenen Wirtschafts- und Finanzexperten Kemal Dervis erwartet, dass er sich der neuen, Pro-EU ausgerichteten Partei des ehemaligen Außenministers, Ismail Cem, anschließt.
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"Uns läuft die Zeit davon Kemal", titelten türkische Zeitungen. "Gebt mir noch zwei Tage Zeit", wurde der Ex-Wirtschaftsminister zitiert. "Die Entscheidung, die Dervis treffen wird, hat große Bedeutung für die Türkei", meinte der Chef der zentrumsliberalen "Partei für eine demokratische Türkei" (DTP), der ehemalige Diplomat Mehmet Ali Bayar.
Bayars Partei hatte vergangene Woche mit der neu gegründeten, sozialdemokratisch orientierten "Partei für eine neue Türkei" (YTP) von Ex-Außenminister Ismail Cem ein gemeinsames Programm für die vorgezogenen Parlamentswahlen am 3. November vereinbart. Sowohl Cems YTP als auch Bayars DTP favorisieren den Weg der Türkei in die EU. Die "Entwicklung und Modernisierung der Türkei" sollen vorangetrieben werden. Cem bemüht sich zudem um eine Allianz mit der, bisher im Parlament nicht vertretenen, Republikanischen Volkspartei (CHP) von Deniz Baykal. Das türkische Gesetz erlaubt keine Wahlbündnisse. Die Parteien suchen daher andere Kooperationsformen. In der Wählergunst liegt derzeit die islamistische Gerechtigkeits- und Fortschrittspartei klar voran. Die Sozialdemokraten von Premier Bülent Ecevit müssen fürchten, dass sie die Zehn-Prozent-Hürde zum Einzug ins Parlament nicht schaffen.
Indes will der neue Wirtschaftsminister, Masum Türker von der Demokratischen Linkspartei (DSP) Bülent Ecevits, den bisherigen Wirtschaftskurs von Vorgänger Dervis fortführen. Das mit dem Internationalen Währungsfonds abgestimmte Programm werde "ohne jedes Zugeständnis" durchgesetzt.