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Des Brexits teure Früchte

Von Siobhán Geets

Politik

Der EU-Austritt bedroht die britische Lebensmittelindustrie.


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London/Wien. Britische Farmer gehörten ursprünglich zu den standhaftesten Befürwortern eines EU-Austritts. Zwar verlieren sie durch den Brexit jährliche Förderungen in Milliardenhöhe, doch viele vertraten noch vor einem Jahr die Ansicht, ohne die zahlreichen EU-Regulierungen besser dran zu sein. Seit immer klarer wird, was der Brexit tatsächlich bedeutet, ist der Optimismus unter den Bauern allerdings deutlich zurückgegangen.

So gab es im Mai einen Mangel an Migranten, die auf Feldern und in Glashäusern Früchte und Gemüse ernten. Rund 80.000 solcher Saisonarbeiter braucht Großbritannien jedes Jahr, so gut wie alle kommen aus Osteuropa, drei Viertel aus Rumänien und Bulgarien. Laut einer Studie des britischen Bauernbundes National Farmers Union (NFU) liegt der Arbeitskräftemangel am Brexit. Seit der Entscheidung, die EU zu verlassen, betrachten viele potenzielle Arbeiter aus dem Ausland Großbritannien als rassistisch. Zudem macht der Wertverlust des Pfundes die Arbeit auf der Insel weniger attraktiv.

EU-Arbeiter kündigen Jobs in der Lebensmittelbranche

Während die britische Regierung immer noch nicht klargemacht hat, welche Rechte EU-Bürger in Großbritannien künftig haben werden, verlassen viele von ihnen freiwillig das Land. Die Nettozuwanderung ist so niedrig wie seit drei Jahren nicht mehr, im ersten Quartal sank sie um 81.000 auf 246.000 Menschen.

War bisher die Rede vom wirtschaftlichen Schaden durch den Brexit, wurden meist die Auto- und Luftfahrtindustrie des Landes genannt. Doch der EU-Austritt der Briten ist auch eine Gefahr für die gesamte Lebensmittelbranche. Wie der britische "Guardian" berichtet, arbeitet ein Fünftel der rund zwei Millionen EU-Ausländer in diesem Bereich. Restaurants und Pubs, aber auch Lebensmittelverarbeiter, Produzenten und Supermärkte sind stark von Arbeitskräften aus dem Ausland abhängig.

Laut einer Studie des Branchenvertreters Food and Drink Federation gab ein Drittel von 627 befragten Unternehmen der britischen Nahrungsmittelindustrie an, nach dem Brexit-Votum im Juni 2016 Arbeiter aus dem EU-Ausland verloren zu haben. Die Hälfte der Firmen rechnet damit, dass noch mehr ihrer Angestellten aus der Union das Land wegen Unsicherheiten betreffend ihrer Zukunft verlassen werden.

Die Unternehmen fürchten, dass sich eine Massenabwanderung von Arbeitskräften negativ auf die Preise auswirkt - und auf die Verfügbarkeit der Produkte. So könnte etwa die Versorgungskette gestört werden, zahlreiche Produkte würden deutlich teurer werden. Zudem befürchtet rund ein Drittel der befragten Unternehmen, dass sich ihr Geschäft nicht mehr lohnt, sollte Großbritannien mit dem Brexit den Zugang zum Binnenmarkt der Europäischen Union verlieren.

Ein solcher harter Brexit wird allerdings immer wahrscheinlicher. Besteht London weiterhin darauf, die Migration aus der EU zu begrenzen, verliert es unweigerlich die Teilhabe am gemeinsamen Markt. Im schlimmsten Fall wäre Großbritannien auf die Regeln der Welthandelsorganisation WTO zurückgeworfen. Importzölle müssten jedenfalls eingeführt werden.

Deshalb warnen auch britische Lebensmittelexperten vor den gefährlichen Nebenwirkungen des Brexit auf die Nahrungsmittelversorgung: Sollte Großbritannien den EU-Binnenmarkt verlassen, drohe ein Preisplus von bis zu 22 Prozent auf Lebensmittel. Laut der im Juli veröffentlichten Studie produziert Großbritannien 54 bis 61 Prozent der benötigten Lebensmittel selbst, der Rest wird importiert. Rund drei Viertel dieser Importe stammen aus der EU. "Die Versorgungssicherheit des ganzen Landes steht auf dem Spiel", so die Warnung der drei britischen Universitätsprofessoren.

Nur 14 Britenunter 13.400 Erntehelfern

Für britische Farmer könnte der Brexit bedeuten, dass ein Teil ihrer Früchte künftig auf den Feldern verdirbt. Wird für die Zeit nach dem EU-Austritt keine Lösung gefunden, könnten die Preise für Erdbeeren und Himbeeren um bis zu 50 Prozent steigen. Betroffene Bauern haben die Politik umsonst dazu aufgerufen, sich eine Strategie für die Zukunft zu überlegen. Der damalige Migrationsminister Robert Goodwill bezeichnete die Befürchtung des Bauernbundes, Früchte könnten auf den Feldern verderben, bereits im Frühling als "Panikmache".

Dabei sieht es nicht danach aus, als würden britische Arbeiter die Lücke füllen, die Migranten aus der EU hinterlassen. Von 13.400 Erntehelfern, die bis Mai dieses Jahres rekrutiert wurden, waren nur 14 Briten.