Ein "Einfamilienhaus" in den Bergen der Ferieninsel Ibiza beschäftigt derzeit die spanische Innenpolitik. Nachdem der Oberste Gerichtshof der Balearenregion dem Bürgermeister von San Antonio Mitte Oktober den Auftrag erteilt hatte, die 1.500 Quadratmeter Wohnfläche umfassende Villa das rumänischen Sängers Michael Cretu binnen zwei Monaten abreißen zu lassen, überlegt jetzt die erst im Mai gewählte Regionalregierung, ein Sondergesetz zu beschließen, das nur für Ibiza gelten soll und mit dem man alle Bausünden der letzten Jahre legalisieren will.
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Der Stein des Anstoßes steht in den Hügeln von Santa Ines und ist offiziell mit einem Wert von 1,2 Millionen Euro bei der Gemeinde angemeldet. Unter der Hand wird aber ein Vielfaches von diesem Wert propagiert. Und der Bürgermeister von San Antonio befürchtet eine Lawine von Schadensersatzprozessen, wenn er der Abrissanordnung nachkommt.
Es ist nämlich nicht völlig geklärt, wie der Bauherr Mitte der Neunzigerjahre überhaupt zu seiner Baulizenz in einem Landschaftsschutzgebiet gekommen ist. Laut Dokumenten, die die regionale Zeitung "Diario de Ibiza" in diesen Tagen zitierte, hätte das Anwesen nämlich höchstens in einer Seehöhe von 200 Metern errichtet werden dürfen. Der Haupteingang des weitläufigen Gebäudekomplexes befindet sich aber fast 28 Meter höher. Diesen Umstand haben Umweltschutzgruppen dazu benutzt, den Prozess überhaupt erst zu führen, der sich jahrelang hinzog und der schließlich mit der Aufforderung zum Abbruch des Gebäudes endete.
Dass nun die von der Volkspartei (PP) geführte Balearenregierung einen Gesetzentwurf plant, mit dem das Gerichtsurteil einfach gekippt werden soll, wird von der Opposition und Umweltgruppen scharf verurteilt. So mancher Regionalpolitiker scheut sich auch nicht, Mafia-Vorwürfe gegen die Regierenden zu äußern. Und auch spanische Spitzenjuristen, die vom "Diario de Ibiza" befragt wurden, äußern sich sehr kritisch über das geplante Eilgesetz, das zudem nicht einmal für die ganze Region, sondern nur für Ibiza allein Geltung haben soll. Regierungskreise in Ibiza wiederum dementieren heftig, dass es ihnen bei dem Gesetz nur um die Millionärsvilla gehe. Es gelte nämlich hunderte Fälle zu bereinigen, die ohne gültige Lizenzen in den letzten Jahren erbaut wurden.
Überhaupt will die neue Inselverwaltung Baubeschränkungen, die von der vorhergehenden Links-Regierung beschlossen worden sind, wieder rückgängig machen. So soll der Naturschutz in der Cala d'Hort, wo die frühere PP-Regierung seinerzeit einen umstrittenen Golfplatz errichten wollte und deshalb 1999 die Regionalwahlen verloren hat, wieder aufgehoben werden. Die Grundeigentümer sollen in der Naturschutzzone wieder bauen dürfen. Die Opposition befürchtet, dass der umstrittene Golfplatz im Eiltempo noch vor den nächsten Wahlen in vier Jahren fertiggestellt wird, obwohl der neue Präsident des Inselrates, Pere Palau (PP), erst jüngst bei der Touristikmesse in London betont hat, es sei nicht an den Bau des Golfplatzes gedacht.