Erst kam der Luxus, dann der Flug. | Farb-Organellen in Fossilien. | Peking/Bristol. Luxus kann manchmal praktisch sein, beweisen die Federn der Vögel. Denn diese entstanden nicht, um ihre Träger durch die Lüfte segeln zu lassen, sondern eher als Schmuck, mit dem sie einen potenziellen Geschlechtspartner oder einen Rivalen gehörig beeindrucken können. Davon sind Fucheng Zhang von der Akademie der Wissenschaften in Peking und Mike Benton von der Universität Bristol in der Fachzeitschrift "Nature" überzeugt.
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In versteinerten Federn haben die Forscher winzige Organellen entdeckt, die das Gefieder orange färben. Da Flügel in der Evolution später als Federn auftauchten, soll sich auch der Nutzen dieses schmückenden Beiwerks als Flugunterstützung erst später herauskristallisiert haben.
Am Anfang war also der Luxus. Genau wie heute ein Pfau das andere Geschlecht mit einem prächtigen Rad beeindruckt oder ein Hirsch mit einem großen Geweih seine Stärke demonstriert, warb vielleicht der kleine Dinosaurier Sinosauropteryx mit einem orange und weiß geringelten Schwanz um einen Geschlechtspartner. Der rund 125 Zentimeter lange, fünf Pfund schwere Zweibeiner ähnelte einer Mini-Ausgabe des Raubsauriers Tyrannosaurus rex.
Vor 130 Millionen Jahren hatte er keine richtigen Federn, sondern Borsten, aus denen sich erst später die Vogelfedern entwickelten. Die auf ihren kräftigen Beinen wohl sehr flinken Tiere vertilgten vor allem Insekten und kleine Säugetiere.
Drei Versteinerungen von Sinosauropteryx fanden Paläontologen im Nordosten Chinas, die Begeisterungsstürme unter Forschern auslösten. Die Fossilien haben die Jahrmillionen so gut überstanden, dass die inneren Organe mitsamt der letzten Mahlzeit und die Borsten der Tiere genau untersucht werden können.
Rotbrauner Farbstoff
In den Borsten entdeckte Mike Benton die Spuren sogenannter Melanosome. Das sind winzige Organe, die in den Hautzellen heutiger Säugetiere und den Federzellen moderner Vögel Melanin produzieren. Der rotbraune Farbstoff schützt etwa die Haut des Menschen vor Sonnenbrand.
Eine biochemische Sonnenbrille für Sinosauropteryx aber waren deren Melanosome aber kaum. Schließlich kamen sie nur in bestimmten Borsten vor, die ringförmig aus dem Schwanz der Tiere wuchsen. Dann kam ein Ring weißer Federn gefolgt von weiteren orange-farbigen Borsten. Der Schwanz des kleinen Dinos sah also aus wie das gleiche Organ eines Waschbären (der allerdings schwarze Haar-Ringel hat).
Wenn diese Saurierfedern kein Sonnenschutz waren, hatten sie dann vielleicht den Effekt, das Tier zu wärmen? Manche Evolutionsbiologen vermuten nämlich, Federn hätten sich ähnlich wie Haare vor allem als Isolierschicht entwickelt, weil sie Luft einschließen, die Wärme und Kälte gleichermaßen schlecht weiterleitet.
Sinosauropteryx aber wärmte seine Borsten kaum, weil sie wenig Luft einschließen. Zudem fanden die Forscher an den Fossilien nur an bestimmten Stellen Federn: Ein Borstenkamm lief vom Kopf über die Mitte des Rückens bis zum Schwanz, der ebenfalls dicht befiedert war. Weshalb sollten Schwanz und Rücken gut isoliert sein, der Bauch aber nicht?
Da Sinosauropteryx nur kurze Arme mit Krallen und keine Flügel hatte, bleibt für seine Federn nur eine Luxusfunktion, mit der er zeigte, wie viel Energie er in die Farbenpracht stecken konnte. Vor 120 Millionen Jahren lebte in der gleichen Gegend eine frühe Vogelgattung namens Confuciusornis. Diese Tiere hatten zwar Flügel. Ob sie aber damit vom Boden abheben konnten, diskutieren Paläontologen. Auch in ihren versteinerten Federn fand Mike Benton Farb-Organellen zum Beeindrucken von Artgenossen. Das menschliche Faible für Schmuck scheint also älter zu sein als die Menschheit selbst.