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Desaster für die CSU

Von WZ Online

Europaarchiv

Bei der bayerischen CSU breitete sich Entsetzen aus, als die erste Hochrechnung verkündet wurde. "Das kann nicht sein!" flüsterte Bundesagrarministerin Ilse Aigner. Mit 41 Prozent fiel die CSU unter Horst Seehofer noch unter das Landtagswahlergebnis vom vergangenen Jahr und auf ihr schlechtestes Bundestagswahlresultat seit 1949.


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"Das ist nicht nur eine Niederlage für die CSU in Bayern. Das ist ein Desaster, das ist eine Katastrophe", sagte Seehofers Vorgänger Erwin Huber ohne Umschweife.

Fast einhellig wurde Seehofers Kurs, frontale Attacken gegen den bayerischen Koalitionspartner und Berliner Wunschpartner FDP zu reiten, als Rohrkrepierer bezeichnet. Aber eine Führungsdiskussion ließen führende Christsoziale nicht erst aufkommen. Schon mangels Alternative. Und der CSU-Chef und Ministerpräsident machte auch sofort klar, dass er weiterhin den Ton angeben will.

Das bayerische Ergebnis "ist enttäuschend. Es macht keinen Sinn, daran vorbeizureden", räumte Seehofer ein. Aber "ich werde meiner Verantwortung für die Christlich-Soziale Union weiterhin wahrnehmen", stellte er klar und machte deutlich, dass er in Berlin alles andere als kleinlaut auftreten werde. Die Wähler "können sich darauf verlassen, dass alle Dinge, die wir im Wahlkampf versprochen haben", in einer "Koalitionsvereinbarung auch zum Durchbruch bringen", kündigte er an.

Dabei hätte sein Kurs Union und FDP im Bund fast den Sieg gekostet. Wochenlang hatte Seehofer die FDP gegeißelt, den Liberalen in Bayern Inkompetenz und Untätigkeit vorgeworfen, vor neoliberalen Streichkonzerten gewarnt und die CSU als Schutzmacht des kleinen Mannes zu verkaufen versucht. Zwei Wochen vor der Wahl kam dann plötzlich die Kehrtwende, und Seehofer kündigte der CDU an, er werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem nicht Steuersenkungen 2011 und 2012 verankert würden.

Und das Ergebnis? Die FDP schnitt den ersten Hochrechnungen zufolge in Bayern sogar noch besser ab als im Bundesdurchschnitt, während die CSU auf ein historisches Tief abstürzte. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte: "Viele unserer Anhänger haben nach einem dreiviertel Jahr erfolgreicher schwarz-gelber Regierung in Bayern nicht ganz verstanden, warum man die Arbeit des Koalitionspartners derart problematisieren muss."

Und Erwin Huber sagte: "Ich habe abgeraten von einem kleinkarierten Gezänk mit der FDP." "Schaukelpolitik" und "kurzsichtiger Populismus" hätten die Menschen offenbar nicht erreicht, schrieb Huber seinem Nachfolger ins Stammbuch. Die CSU "wird innerhalb der Union an Gewicht und Einfluss verlieren."

Und er ging noch einen Schritt weiter. "Ich halte es im Moment für verfrüht, eine Personaldiskussion zu beginnen", sagte Huber vorsichtig. "Ich fordere eine offene vorbehaltlose Diskussion, wo jeder zu seiner Verantwortung steht."