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Prammer will Gesetzeslücke schließen. | Wien. Eine Kaserne, die nach einem Deserteur benannt ist: So etwas gibt es nicht in Österreich. Sollte es aber, fordert Thomas Geldmacher vom Verein "Personenkomitee Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz". Und verweist auf das, was als die "österreichische Lebenslüge" gilt. "Wenn Österreich erstes Opfer Hitlers war, dann war Desertion aus einer Okkupanten-Armee doch erste Bürgerpflicht", argumentiert Geldmacher. Er tritt dafür ein, dass die, die nicht mehr für Hitler kämpfen wollten, gewürdigt werde und als zu Unrecht Verurteilte gelten.
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Das will auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Sie hat sich am Dienstag für eine "lückenlose Rehabilitation" der Opfer der NS-Militärjustiz ausgesprochen. Derzeit sind Wehrmachtsdeserteure anderen NS-Opfern sozialrechtlich zwar gleichgestellt, ihre Rehabilitierung ist aber nicht explizit im Gesetz verankert. Prammer kann sich vorstellen, einen existierenden Gesetzesvorschlag der Grünen aufzugreifen, um die Gesetzeslücke zu schließen.
Dass es Wehrmachts-Deserteuren auch nach 1945 übel erging, davon weiß Richard Waidani ein Lied zu singen: Der Österreicher ist nach einigen gescheiterten Versuchen 1944 zu den Amerikanern übergelaufen und schloss sich der tschechoslowakischen Exil-Armee an. Als er sich nach Kriegsende in britischer Uniform beim Arbeitsamt meldete, wurde er dort barsch gefragt, warum er in einer "fremden Armee" gedient habe. Die Identifikationsbereitschaft der Österreicher mit der Wehrmacht sei für ihn damals ein "Schock gewesen", so Waidani. Im Lauf der 50er-Jahre erlangten die Kameradschafts-Bünde endgültig die Deutungshoheit darüber, wer sich 1939 bis 45 ehrenhaft verhalten hat und wer nicht. Schnell wurden die, die nicht für Hitler kämpfen wollten, zu "Feiglingen", "Drückebergern" und, im schlimmsten Fall, zu "Kameradenmördern".
Hinweis: Die Ausstellung "Was damals Recht war - Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht" läuft vom 1. September bis zum 15. Oktober, Nestroyplatz 1, Montag bis Freitag 10.00 bis 19.00 Uhr, Sonntag 12.00 bis 18.00 Uhr. Eintritt ist frei.