)
Brillen werden ohne Metall von Hand gefertigt. | Design der Tiroler wurde mehrfach ausgezeichnet.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Im Keller des Elternhauses in Lechaschau haben vier Tiroler von der Firma Rolf Spectacles handgefertigte Brillen aus Holz entwickelt - mit einfachsten Hilfsmitteln wie einer Melkmaschine. Samt Bügel werden die Brillen aus einem Stück Holz gefräst und kommen somit ohne Metall und Schrauben aus. Die Idee zur Brille aus natürlichen Materialien hatten Roland Wolf und Marija Iljazovic, die beide jahrelang in der Optikerbranche bei einem deutschen Designerlabel tätig waren. Das Paar holte bald die Geschwister Christian Wolf und Martin Iljazovic als Gesellschafter mit an Bord.
Mit knappem Budget starteten die Jungunternehmer: Sie standen vor der Herausforderung, aus Holz auch gewölbte Brillenfassungen zu formen. Der erste Prototyp entstand aus einem Wohnzimmertisch und mithilfe einer Melkmaschine vom Nachbarn. Die Maschine saugte Luft an und erzeugte so ein Vakuum, mit dem die 3D-Modelle gepresst wurden.
Zweieinhalb Jahre lang tüftelten die Tiroler am Design und an der Stabilität der Brille, bevor Rolf Spectacles im Jänner 2009 gegründet wurde. Patent angemeldet hat das Unternehmen für das Verglasungssystem: Die Gläser werden mit einem speziellen Faden, der durch die Bohrlöcher geführt wird, an der Fassung befestigt.
"Wo andere aufhören, fangen wir erst an. Wir haben uns nie an anderen Herstellern orientiert", sagt Christian Wolf, der bei Rolf Spectacles für das Marketing zuständig ist. Das Quartett sieht sein Unternehmen als Innovations- und Designfirma - "auch wenn man oft versucht, uns in die Öko-Schublade zu stecken", sagt Wolf. Für die Jungunternehmer, die zwischen 25 und knapp über 30 Jahre alt sind, ist Nachhaltigkeit jedoch "nur" ein positiver Nebeneffekt.
Erster Shop entstand in ehemaliger Tankstelle
Die Produktion - nach wie vor wird handgefertigt - zieht derzeit in eine tausend Quadratmeter große Halle im nahegelegenen Ort Weißenbach um. Zuvor hatten sich die Tiroler ins Haus eines Cousins eingemietet, bis Ende 2010 produzierten sie im Elternhaus. Mittlerweile arbeiten 13 Beschäftigte im Betrieb.
Eine alte Tankstelle in Reutte in Tirol hat das Quartett zum ersten "Rolf Shop" umgestaltet, der freitags oder nach Terminvereinbarung geöffnet hat. Sogar aus Nürnberg in Deutschland sind Kunden bereits extra angereist.
Erhältlich sind die Brillen aus Holz und mittlerweile auch Bambus bei ausgewählten Optikern, die nur wenige Marken führen. Der Exportanteil liegt bei 80 Prozent. Die Brillen werden in 18 Ländern verkauft, wobei die meisten Rolf-Brillen in der Schweiz über die Ladentische gehen.
In einer Brille stecken rund sechs bis acht Stunden Handarbeit, verkauft werden die Modelle um 600 bis etwa 1500 Euro - je nach Material. Denn während beispielsweise Ahorn leicht verarbeitet werden kann, ist Räuchereiche recht spröde.
Zielgruppe sind vor allem einkommensstarke Personen zwischen 30 und 60 Jahren - wobei zunehmend auch Jüngere, die nicht viel Geld zur Verfügung haben, sich ein Modell kaufen und es dann mitunter auf Raten abzahlen, erzählt Wolf.
Das Design der Modelle beschreibt Wolf als "reduziert und schlicht": "Wir wollen die Brillen so minimalistisch wie möglich gestalten." Auch bei der Gestaltung und Herstellung von Muster-Koffern bis zum Messestand legen die Tiroler selbst Hand an.
Beim ersten internationalen Auftritt 2009 bei der Optikermesse Silmo in Paris - zu dem die Truppe mit Wohnmobil samt Transporter und selbst gebautem Messestand anreiste - räumte sie gleich einen Silmo d’Or Award ab, 2010 folgte ein weiterer. Noch bevor die ersten Brillen ausgeliefert wurden, wurde das Modell "Olympia" im Vorjahr mit dem Qualitätssiegel "red dot" für hohe Designqualität ausgezeichnet.
Im Rennen um Design-Award
Im September geht Rolf Spectacles ins Rennen um den "Design Management Europe Award". "Designpreise sind das Um und Auf, um ein junges Unternehmen wie uns bekannt zu machen", sagt Wolf.
In der schwierigen Anfangsphase - die Banken winkten bei Kreditansuchen ab - bekam der Betrieb finanzielle Unterstützung vom Tiroler Gründungszentrum Cast. Dort eigneten sich die Gesellschafter auch betriebswirtschaftliches Wissen an.
Mithilfe einer Melkmaschine tüftelten die Gründer von Rolf Spectacles zwei Jahre lang an ihrem ersten Modell