Washington - George W. Bush versuche, die Zeit um 50 oder 60 Jahre zurückzudrehen, kritisierte Ex-First Lady und Neo-Senatorin Hillary Clinton am Wochenende und Ralph Neas, der Präsident der mächtigen progressiven Vereinigung "People for the american way" meinte, dass man sich noch nach Ronald Reagan zurücksehnen und ihn als Liberalen betrachten werde. Bushs Präsidentschaft werde als konservativste der modernen Zeiten in die Geschichte eingehen.
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Während der Wahlkampagne hatte sich Bush noch als moderater Konservativer gegeben und unmittelbar nach der Wahl, aus der die Republikaner in beiden Kammern geschwächt hervorgegangen waren - im Senat besteht sogar eine Pattsituation - hatte er noch von Zusammenarbeit mit den Demokraten gesprochen.
Doch schon die Ernennung des ultrakonservativen John Ashcroft zum Justizminister hatten an diesen Versprechungen Zweifel genährt. Und in den neun Wochen seit seinem Amtsantritt hat sich klar gezeigt, dass die Ultrakonservativen, militärische Falken, christliche Fundamentalisten und eine rechte Industrielobby unter der neuen Administration das Sagen haben.
Bereits in den ersten Amtstagen hat Bush eine engere Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen angekündigt und Subventionen für internationale Organisationen, die die Abtreibung befürworten, gestrichen.
Mehrere noch von seinem Vorgänger Bill Clinton nominierte Richter zog Bush zurück und er entzog auch der liberalen Amerikanischen Anwaltsvereinigung das Recht zur Überprüfung von Richteramtskandidaten, das diese seit 50 Jahren hatte. Bei den Besetzungen von wichtigen öffentlichen Stellen kamen in erster Linie Vertreter aus dem rechten Spektrum zum Zug. Jüngstes Musterbeispiel dafür ist die Berufung John Grahams zum Chef des Regulierungsamtes, das für die Bestätigung oder Zurückweisung der Normen von etwa 50 Bundesagenturen, darunter jene für die Umwelt und die Telekommunikation, zuständig ist. Graham, Gründer des Harvard-Zentrums für Risikoanalyse, das von 100 großen Firmen finanziert wird, ist ein Verfechter der Kostentheorie. Er vertritt die Meinung, dass es von Fall zu Fall ökonomischer sei, die Umwelt zu belasten und dann für Spitals- und Pensionskosten aufzukommen, als von vorneherein gesetzliche Grenzwerte für giftige Emissionen zu setzen.
In diese Richtung gehen auch die jüngsten Beschlüsse der US-Regierung. So fühlt sich die Bush-Administration nicht an die US-Zusage gebunden, den Ausstoß der Treibhausgase zu verringern. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat bereits angekündigt, die Frage am Donnerstag bei seinem ersten Treffen mit Bush zur Sprache zu bringen. Auch eine Entscheidung der Clinton-Regierung zum Schutz der Verbraucher vor Trinkwasserverunreinigung durch Arsen wurde bereits mit aufgehoben. Die Kosten für Industrie und Gemeinden wären zu hoch wird als Begründung dafür angegeben. Auch neue Abbaubestimmungen für die Bergbauindustrie, die dem Umweltschutz dienen sollten, wurden ausgesetzt.
Bush unterzeichnete auch ein Gesetz, das einen verstärkten Arbeitnehmerschutz, den die Clinton-Administration vorsah, wieder rückgängig macht und erntete dafür Lob von der Geschäftswelt.
Starke Akzentverschiebungen nach rechts setzte der neue Präsident in den ersten Wochen seiner Amtszeit auch in der Außenpolitik. Der auch bei manchen europäischen Verbündeten auf Ablehnung stoßende Aufbau des umstrittenen Raketenabwehrsystems NMD steht dafür ebenso wie die kurz nach seinem Amtsantritt durchgeführten Bombardierungen des Irak.
Nach der Enttarnung eines Top-Spions im FBI setzte die Bush-Administration durch die Ausweisung für 50 russische Diplomaten auch auf Härte gegenüber Moskau. Da es seit Ronald Reagans Amtszeit keinen derartigen Schritt mehr gegeben hatte, sprach Moskau von einem Rückfall in die zeiten des Kalten Krieges und revanchierte sich seinerseits mit der Ausweisung von US-Diplomaten. Der russische Außenminister Iwanow warnte erst Montag vor einer Verschlechterung der beiderseitigen Beziehungen.
Für Verstimmung in Moskau sorgte auch ein Zusammentreffen von US-Außenminister Colin Powell mit dem Außenminister der von Russland abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien, Iljas Achmadow, am Montag. "Mit dem feierlichen Empfang für einen Vertreter der tschetschenischen Kämpfer zeige die neue US-Administration mit Nachdruck, auf wessen Seite sie im internationalen Kampf gegen den Terrorismus steht", sagte ein Sprecher des Moskauer Außenministeriums.