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Im Schatten hitziger Debatten über hohe Benzinpreise, Ökosteuer und Straßenblockaden absolviert die deutsche Autoindustrie 2000 das beste Jahr ihrer Geschichte. Deutschlands wichtigste Branche wird voraussichtlich ihre Produktion um ein Zehntel ausweiten können.
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Dazu gehören neben den populären Herstellern von Audi bis Volkswagen die immer wichtiger werden Zulieferfirmen. Diese Unternehmen im Hintergrund tragen bereits fast 70% der Wertschöpfung in der Branche bei.
"Alles in allem dürfte selbst der starke Anstieg der Ölpreise auf den internationalen Märkten und die Preisanhebung für Kraftstoffe nicht verhindern, dass die deutsche Automobilproduktion dank der großen Erfolge im Ausland 2000 um rund 10% zunehmen wird", bilanzieren die Volkswirte der Deutschen Bank.
Der Boom wird allerdings nur vom Export getragen. Von der gesamten Pkw- und Lkw-Produktion gingen in den ersten neun Monaten fast 70% ins Ausland. Der ungebrochene Erfolg spiegelt die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hersteller wider. Dazu trägt auch eine attraktive Modellpalette, das Qualitätsimage und die Unterstützung durch den niedrigen Euro-Kurs bei.
Opel und Ford - beides Töchter großer US-Konzerne - spielen dabei allerdings eine unterdurchschnittliche Rolle. Audi, BMW, Mercedes, Porsche und VW konnten dagegen gerade in Amerika kräftig zulegen, und zwar um 25%. Der Anteil deutscher Marken - einschließlich der im Ausland produzierten Modelle - verbesserte sich im größten Autoland der Welt auf mehr als 8%.
Die hervorragende Branchenkonjunktur wird bisher allerdings kaum wahrgenommen. "Bremsspuren" oder "Der Automobilmarkt bricht ein", lauten vielmehr die Schlagzeilen. Dabei wird nur die Zahl der produzierten Autos (minus 3%) und der Rückgang der Pkw- Neuzulassungen im Inland um 11% seit Jahresbeginn gesehen. Die monatlichen Daten des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), die lediglich auf Stückzahlen basieren, werden schon seit langem in Fachkreisen als "Steinzeit-Statistik" kritisiert. Das Einstiegsmodell des Opel-Corsa für 20.900 DM (147.043 Schilling) wird dabei genauso gewichtet wie ein Mercedes S-Klasse-Modell für mehr als 100.000 DM. "Die Stückzahlbetrachtung verschleiert die wirkliche Entwicklung", monieren Branchenexperten, die Wertkomponente werde völlig außer Acht gelassen.
Qualitatives Wachstum - wie der Trend zu höheren Hubraumklassen oder deutlich verbesserte Ausstattung - werden mit der bloßen Aufzählung von Stückzahlen nicht erfasst. Extras wie ABS, ESP, Airbags, Sitzregulierungen, Klimaanlagen und Navigationssysteme fallen unter den Tisch. Dabei machen diese Systeme einen immer größeren Anteil am Wert eines Autos aus.