Großinvestoren äußern Zweifel am Sinn des Zusammenschlusses.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Frankfurt. (reu) Geplant war es zunächst anders: Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Christian Sewing, hatte erst die Postbank integrieren wollen, um sich danach den großen strategischen Fragen seines Hauses zu stellen. Doch nun muss der 48-jährige Top-Banker, der noch nicht einmal ein Jahr auf dem Chefsessel sitzt, womöglich schneller über eine Fusion mit der Commerzbank entscheiden, als ihm und vielen seiner wichtigen Aktionäre lieb ist. Noch im vergangenen Jahr hatte er sich "zwölf bis 18 Monate" Zeit erbeten, nun hat Sewing - unter dem Druck der Politik - informelle Gespräche mit dem kleineren Konkurrenten begonnen. Ob an deren Ende dann auch offizielle Verhandlungen stehen, ist bisher aber völlig offen.
Gesprochen wird Insidern zufolge im extrem kleinen Kreis. Oft waren und sind es Sewing und sein Gegenüber bei der Commerzbank, Martin Zielke, alleine, die über Chancen und Risiken eines Zusammenschlusses beraten. Sewing sei nicht dagegen, hätte sich aber gewünscht, erst beweisen zu können, dass die Integration der Postbank gelingen kann, hieß es am Montag aus der Deutschen Bank.
Im Kern geht es darum, wie eine Brücke aussehen könnte, über die beide Institute gehen können, ohne öffentlich Schaden zu nehmen. Denn klar ist, dass bei einer Fusion offensichtlich würde, was in den Bilanzen der beiden Banken auch zehn Jahre nach der Finanzkrise noch schlummert - und damit auch, wie groß der Kapitalbedarf für ein neues Geldhaus wäre.
Bei den mächtigen Großaktionären der Deutschen Bank lösen die Nachrichten über informelle Gespräche keine Begeisterung aus. Zwar legten die Aktien der Deutschen Bank am Montag um gut fünf Prozent zu, die der Commerzbank sogar um fast sieben Prozent. Wichtige Anteilseigner von Deutschlands größtem Geldhaus meldeten aber zugleich Zweifel an, ob ein Zusammenschluss wirklich die beste Lösung ist. Dagegen macht die Politik Insidern zufolge aus Sorge vor einer erneuten Krise bei der Deutschen Bank in einem Konjunkturabschwung Druck.
"Keine gute Idee"
Sewing hat sich für die Gespräche mit Zielke schon vor einigen Wochen das Plazet seiner Kollegen im Vorstand geholt. Ein offizielles Mandat des Aufsichtsrats gibt es bisher nicht. Dessen Vorsitzender Paul Achleitner gilt als Befürworter einer nationalen Lösung. Von den Großaktionären hat aber lediglich der US-Finanzinvestor Cerberus, der an beiden Instituten beteiligt ist und Sewing berät, seine Zustimmung zu einem Deal signalisiert.
Andere Investoren sehen das nicht so: "Wir sind weiterhin gegen eine solche Fusion und halten das im Grundsatz für keine gute Idee", sagte am Montag eine Person aus dem Umfeld eines der größten Anteilseigner der Deutschen Bank zur Nachrichtenagentur Reuters. Ein Zusammenschluss koste in erster Linie Zeit und Geld und sei keine Garantie für steigende Erträge.
Durch eine Fusion entstünde ein neuer deutscher Bankenriese mit rund 38 Millionen Kunden, einer Bilanzsumme von fast zwei Billionen Euro und anfänglich rund 130.000 Mitarbeitern. Im Vergleich mit europäischen Konkurrenten wäre das neue Institut allerdings mit einem Börsenwert von rund 24 Milliarden Euro immer noch ein Leichtgewicht.