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Die Betreuung von Flüchtlingen in Österreich soll künftig der deutschen Privatfirma European Homecare obliegen. Damit entschied sich das Innenministerium gegen das Angebot österreichischer Einrichtungen, die auf längere Erfahrung im Flüchtlingsbereich verweisen können. Ausschlaggebend könnten Preisunterschiede gewesen sein.
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Auf große Erfolge in Österreich kann die deutsche Firma European Homecare nicht verweisen. Im Oktober des Vorjahres hatte sie das Innenministerium mit der Rückkehrberatung von AsylwerberInnen betraut. In drei Monaten traten 20 von etwa 600 beratenen Personen freiwillig die Rückreise an. Die Rückkehrberatung der Caritas meldet indes durchschnittlich zehn Rückkehrende an - pro Woche.
Dennoch ging European Homecare als Gewinner aus dem Ausschreibungsverfahren über die Ausgliederung der Bundesbetreuungs-Einrichtungen hervor. Ab 1. Juli wird die Organisation in Traiskirchen, Thalham, Bad Kreuzen und Reichenau tätig sein. Das Gesamtvolumen des Auftrags liegt bei rund fünf Millionen Euro pro Jahr.
Die Entscheidung des Innenministeriums begründete der zuständige Sektionsleiter Theo Thanner damit, dass European Homecare bei allen drei Kriterien - Qualität, Übernahme des Personals, Preis - das beste Angebot vorgelegt habe. Die Firma hatte offeriert, die Betreuung pro Tag und AsylwerberIn für 12,9 Euro zu übernehmen. Ein zweiter Bewerber sei beim Preis "wesentlich dahinter" gewesen.
Beworben hat sich ebenfalls eine Bietergemeinschaft aus Caritas, Rotem Kreuz, Diakonie und Volkshilfe. Der Verlierer gibt sich fair. Die "aufgrund einer objektiven Ausschreibung des Bundesministeriums" gefallene Entscheidung werde akzeptiert, erklärte etwa Werner Kerschbaum vom Österreichischen Roten Kreuz. Das Ergebnis sei nicht überraschend, da dem Preis als Bewertungskriterium 60 Prozent zukäme.
Ob ein anderes Kriterium erfüllt werden kann, ist allerdings noch offen. ,"Wir könnten uns nicht vorstellen, zu diesem Preis qualitätsvolle Arbeit zu bieten", meint Werner Binnenstein-Bachstein von der Caritas Erzdiözese Wien. "Unser Ziel war es, professionelle Betreuung vor Ort zu bieten", erläutert er. Doch um gute Qualität - etwa Arbeiten in kleineren Einheiten - zu sichern, sei Personal notwendig.
"Unsere Standards erlauben kein "cheap and easy"-Arbeiten", stellt Michael Chalupka von der Diakonie klar. Für die Flüchtlinge hofft er, dass auch die deutschen BeraterInnen auf Qualität Wert legen. "Sie haben eine zweite Chance bekommen, nachdem sie die erste nicht genützt haben."