45.000 Mitarbeiter sollen ausgegliedert werden. | Effizienz-Beauftragter Pölzl: Zu viel wird ausgelagert. | Berlin. Zwei Gewinnwarnungen innerhalb von sechs Monaten, Kundenschwund im Festnetz ebenso wie im Mobilfunknetz - die Deutsche Telekom hat dringenden Handlungsbedarf. Europas größter Telekom-Konzern wollte sich am Mittwoch vor Journalisten in Berlin zwar noch nicht über konkrete Strategien gegen den Negativtrend äußern. Service ist jedoch das Schlagwort, das man sich nun verstärkt auf die Fahnen heftet. "Wir werden zusätzliches Geld in die Hand nehmen, um den Service zu verbessern", kündigte Konzernchef Rene Obermann an.
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Verschärfter Wettbewerb bei nach wie vor strenger Regulierung, vor allem im Festnetzbereich, macht eine Neuorientierung nicht einfach. Bevorstehende Umwälzungen im Personalbereich rufen zusätzlich die Gewerkschaften auf den Plan: 45.000 Mitarbeiter sollen in konzerneigene Service-Gesellschaften ausgegliedert werden. Obermann hält am Ziel seines Vorgängers Kai-Uwe Ricke, etwa 5 Milliarden Euro bis 2010 einzusparen, aber weiterhin fest.
Im klassischen Festnetz-Angebot hat die Deutsche Telekom vergangenes Jahr 2,1 Millionen Kunden verloren. Das frische Breitband-Business ist aber noch nicht ausreichend angelaufen, um dies wettzumachen. Zusätzlich streitet man um das neue, schnelle vDSL-Netz. Dieses hat der Konzern zwar betriebsbereit, will sich aber vom Regulator nicht zwingen lassen, die Konkurrenten darin zu regulierten Preisen mitfahren zu lassen.
Im Mobilfunk sanken die Preise 2006 um elf Prozent. Allerdings dominierte T-Mobile den deutschen Markt nach wie vor mit über 40 Prozent.
Fleißige Konkurrenz
Vor allem mangelhafter Kundenservice sei Auslöser für die Verluste, konstatierte Obermann. "Bei der Konkurrenz wird vier bis sechs Stunden länger gearbeitet, und die Pausenzeiten sind deutlich kürzer", gab der erst seit sechs Monaten amtierende Konzernchef Beispiele für Handlungsbedarf.
Wenn man Arbeitsplätze sichern wolle, müsse man die Produktivität steigern. Personalabbau sei nicht das primäre Ziel, bestätigte auch der ehemalige T-Mobile Österreich-Chef Georg Pölzl und nunmehriger Sonderbeauftragter der Deutschen Telekom für Effizienz vor österreichischen Journalisten.
"Erst muss das Service Marktniveau erreichen. Fakt ist, die Deutsche Telekom würde sogar noch mehr Mitarbeiter brauchen, um alles abzuarbeiten, was ansteht." Noch würden zu viele Aufträge an Fremdfirmen vergeben, die man auch intern erledigen könnte, wenn effizienter gearbeitet würde, so Pölzl.
Im Ausland läuft es
Während es in Deutschland für die Ex-Monopolistin eng wird, schreiben ihre ausländischen Niederlassungen durchaus Erfolgsstorys. Bei T-Systems, der Netzwerk- und IT-Sparte des Konzerns, beträgt der internationale Anteil am Umsatz derzeit etwa 15 Prozent und soll bis 2010 auf 30 Prozent verdoppelt werden.
"Im Geschäft außerhalb Deutschlands haben wir ein Umsatzplus von 26 Prozent verzeichnet", so T-Systems-Chef Lothar Pauly. Durch die Integration der Volkswagen-Tochter Gedas sei man im Bereich "Automotive" unter die Top drei auf dem Weltmarkt vorgerückt. Gerade von diesem Bereich erhofft sich Pauly auch künftig kräftiges Wachstum.
Zufrieden zeigte sich T-Systems Österreich-Chef Rudolf Kemler: "Wir haben in Österreich eine Marktposition, die wir uns international wünschen. Je nach Zählart liegen wir auf Platz zwei bis vier."
Erfolgreich war auch die US-Tochter T-Mobile, die 2006 um rund 3,4 Millionen Neukunden auf über 25 Millionen Kunden zulegte. Der schwache Dollarkurs schluckt allerdings die positiven Auswirkungen des US-Geschäftes auf die Konzernbilanz teilweise.
Bilanz im März
Welche konkreten Maßnahmen die Deutsche Telekom setzen wird, um den Negativtrend aufzuhalten, wird Anfang März mit der Bilanz 2006 bekannt gegeben. Will sie weiter eine Hauptrolle am deutschen Markt spielen und international ein Top-Player werden, muss sie erst ihre Hausaufgaben machen. Mit Service allein dürfte es da jedoch nicht getan sein.
Auch die einst hoch gelobte "Vier-Säulen-Strategie" scheint langsam auf das Abstellgleis zu geraten, hat man doch im internationalen Geschäft bemerkt, dass ein Angebot nach dem Motto "alles aus einer Hand" die Kunden viel eher überzeugt.