In der deutschen Wirtschaft regiert wenige Wochen vor der voraussichtlichen Bundestagswahl das Prinzip Hoffnung. In den Monaten April bis Juni 2005 stagnierte die Wirtschaft wegen der teuren Ölimporte. Nun ruhen die Erwartungen auf Besserung durch die Inlandsnachfrage.
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Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im zweiten Vierteljahr 2005 im Vergleich zum ersten Quartal um 0,0 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt im hessischen Wiesbaden am Donnerstag mit. Von Januar bis März hatte das Wachstum noch bei 0,8% gelegen. Allerdings mussten die Wiesbadener Statistiker eine frühere Angabe von 1% Wachstum nach ihren neuesten Erkenntnissen um 0,2% nach unten korrigieren. Geldentwertung und saisonabhängige Faktoren rechnen die Statistiker bei diesem Vierteljahresvergleich heraus.
Öl und Euro bremsen
Zuletzt hatten unerwartet starke Exportzahlen die Wirtschaftsexperten zu höheren Wachstumserwartungen verführt. Tatsächlich erreichten die Ausfuhren im ersten Halbjahr 2005 bei einer Steigerung von 5,9% den Nachkriegsrekord von 382 Mrd. Euro.
Dass für das zweite Quartal dennoch die Null in der Statistik steht, liegt am hohen Ölpreis. Die Exportziffern der deutschen Wirtschaft setzten auch im Frühjahr ihren Höhenflug fort. Die Importe allerdings zogen die Außenhandelsbilanz herunter. Verstärkt wurde die Entwicklung noch vom billigen Euro, der die Rekordkosten für Energie bei der Einfuhr noch zusätzlich erhöht.
Hoffnung auf Wachstum bleibt
Die Wirtschaftsforscher sehen das Glas trotz dieser ernüchternden Nachricht als halbvoll an. Sie gehen davon aus, dass die Konjunktur wegen der endlich steigenden Inlandsnachfrage allmählich anzieht. "Die Delle ist überwunden", meinte ein Frankfurter Analyst. Sowohl der private Konsum wie die inländischen Unternehmensinvestitionen waren im zweiten Vierteljahr gestiegen. So sagt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für das dritte Quartal ein Wachstum von 0,5% voraus. Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute hatten für das gesamte Jahr 2005 eine BIP-Zunahme von 0,7% prognostiziert.
Ihre Erwartung einer Besserung im laufenden Vierteljahr begründen die Wirtschaftswissenschaftler mit der Zunahme von Einträgen in den Auftragsbüchern der Unternehmen. Umfragen bei deutschen Firmen haben zudem mehr Zuversicht als in den vergangenen Monaten zutage gefördert. So habe die Bauwirtschaft nach Ausfällen wegen des schlechten Wetters zu Jahresbeginn im Frühjahr ihre Tätigkeit wieder kräftig hochfahren können. Für die Sommermonate sei zudem eine weitere Steigerung der Industrieproduktion zu erwarten - insbesondere bei Investitionsgütern.