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Deutsche Wohngeschichten

Von Stefanie Holzer

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3sat wiederholte am Sonntag um 21.15 Uhr einen Dokumentarfilm mit dem Titel "Das deutsche Wohnzimmer". Der Drehbuchautor und Regisseur Wolfgang Ettlich erforschte 1999 im Auftrag des Bayerischen Rundfunks das deutsche Wohnzimmer als Ort der Repräsentation und der familiären Intimität. Ettlich war bei noblen und weniger noblen Einrichtungshäusern, bei Einrichtungsberatern, bei Möbelkäufern und Möbelinhabern. Gefunden hat er Geschichten über Menschen, die sich nach dem eigenen Gutdünken einrichten und damit dem Betrachter zuweilen die Tränen in die Augen trieben . . . vor Rührung und Erheiterung.

Am schlimmsten erscheint einem immer die zurzeit herrschende Einrichtungsmode. Wenn sie erst ein paar Jahre auf dem Buckel hat und vielerorts durch Neueres ersetzt worden ist, dann findet man die 50er, 60er, 70er und mittlerweile auch schon die 80er Jahre gar nicht so schlimm, ja eigentlich ganz schön. So war der in Deutschland lebende Japaner, der hilflos lachend vor seiner nagelneuen Wohnwand und einer blitzgrünen Sitzlandschaft stand, die er beide als viel zu groß für sich und seine Wohnung empfand, der Inbegriff für das Dilemma mit dem Wohnzimmer. Er verscheuchte sein Unbehagen wie jeder durchschnittliche Westmensch mit Hilfe des wichtigsten Einrichtungsgegenstands: Hauptsache, der Fernseher kam in Gang . . .

Dieser gelungene Film nährt den begründeten Verdacht, dass ein bisschen Kultur, sprich humanistische Bildung, auch den ziemlich hohlen Lifestyle-Magazinen, die dem ORF neuerdings am Herzen zu liegen scheinen, auf die Beine helfen könnte.