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Deutscher Aufschwung kommt in Schwung

Von Thomas Kaufner

Wirtschaft

Der lang ersehnte deutsche Konjunkturaufschwung kommt mit Verspätung, aber er kommt. Das reale Wachstum von 0,7% vom 2. auf das 3. Quartal ist zwar geringer ausgefallen als erwartet. Von der | Deutschen Bundesbank über die Wirtschaftsforscher bis zu den Volkswirten der Großbanken sind sich aber alle Experten einig, dass die Trendwende da ist.


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2000 und 2001 wird jeweils mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von bis zu 3% gerechnet. Nach 2,2% 1998 und voraussichtlich rund 1,5% im laufenden Jahr wäre dies das stärkste Wachstum seit

der deutschen Einheit. Damit dürfte der Konjunkturzug nach Einschätzung der Experten "seine höchste Reisegeschwindigkeit erreicht haben". Aus Sicht der Bundesbank befindet sich die deutsche

Wirtschaft bereits mitten in einer deutlichen Aufwärtsbewegung. "Damit ist der gegenwärtige Konjunkturzyklus nach dem Rückschlag vom Herbst 1998 in eine neue Phase getreten", heißt es im

jüngsten Bundesbank-Monatsbericht.

Die konjunkturelle Dynamik hat sich bisher hauptsächlich in den Auftragsbüchern der Industrie niedergeschlagen. Der nächste Schritt in die Produktion und die Bilanzen lässt offensichtlich etwas

länger auf sich warten. Saison- und preisbereinigt übertrafen die Ordereingänge im dritten Quartal das Vorquartal um 5%. "Damit ist der Auftragsfluss, der sich vom Herbst 1998 bis zum Frühjahr

bereits ausgeweitet hatte, nochmals merklich breiter geworden", schreibt die Bundesbank. Im Oktober hat sich der Ordereingang nochmals beschleunigt.

Zur Unterstützung des positiven Trends, so die Forderungen der Wirtschaft an die rot-grüne Bundesregierung, müssten nun endlich die seit langem angemahnten Steuererleichterungen beschlossen werden.

Die Asienkrise und die unsichere Entwicklung in den USA zeigen allerdings, dass Wohl und Wehe der deutschen Konjunktur weniger von der Politik Berlins abhängen. "Sowohl für die Abkühlung im Herbst

1998 als auch für die Belebung im Frühjahr dieses Jahres war die Entwicklung des außenwirtschaftlichen Umfeldes verantwortlich", resümiert die Commerzbank.

Während die Asienkrise zwei Jahre nach Ausbruch als ausgestanden gilt, baut sich in den USA neues Risikopotenzial auf. "Der Aktienmarkt haussiert, weil die Konjunktur boomt. Die Konjunktur

boomt, weil der private Verbrauch kräftig expandiert, und der private Verbrauch expandiert so kräftig, weil der Aktienmarkt haussiert", fasst die WestLB das "explosive Gemisch" jenseits des Atlantiks

zusammen. Zusätzlich baut sich 1999 erneut ein Defizit in der Leistungsbilanz von mehr als 300 Mrd. Dollar auf. "Ob, wann und wie sich dieses Gemisch entlädt, ist nicht zu prognostizieren." Im

positiven Fall kommt es lediglich zu einer Dämpfung der US-Konjunktur - ohne negative Folgen für die Weltwirtschaft. Schlittern die USA aber in eine Rezession, wären auch die günstigen Prognosen für

Europa schnell Makulatur.