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Deutscher Konkurrent Hermes schießt der Post fast jedes dritte Paket ab

Von Petra Medek

Wirtschaft

Ergebnis-Einbruch von 20 Millionen. | Aktienkurs stürzte am Mittwoch ab. | Wien. Seit Monaten kursierten die Gerüchte, jetzt ist es offiziell: Quelle, Österreichs größter Versandhändler, wickelt ab Jahresbeginn 2008 seinen Paketversand zum größten Teil über Hermes ab.


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Damit geht der Österreichischen Post mit einem Schlag ein ordentlicher Brocken des Paketgeschäftes verloren: Geschätzte sieben Millionen Pakete verschicken die Unternehmen der Arcandor-Gruppe (ehemals Karstadt-Quelle) in Österreich pro Jahr. Neben Quelle sind das Neckermann Versand, einige Spezialversender sowie der Einkaufs-Fernsehsender HSE24.

Ein schmerzhafter Einschnitt für den ehemaligen Monopolisten: Durch die Verringerung des Paketvolumens und die damit verbundenen Marktveränderungen sei "mit einer operativen Ergebnisbeeinträchtigung für den Post-Konzern von etwa 20 Millionen Euro zu rechnen", teilte die Post am Mittwoch mit. Die Resonanz an der Börse ließ nicht lange auf sich warten: Die Post-Aktie sackte um bis zu rund 13 Prozent ab.

Man werde sich bemühen, durch "hervorragende Qualität in der Zustellung" jene Mengen wieder zurück zu gewinnen, die verloren gehen, hieß es.

Die Post biete ein umfassendes Leistungsangebot: 97 Prozent aller Pakete würden am zweiten Werktag zugestellt. Das enge Netz mit 1300 Postfilialen, über 600 externen Vertriebspartnern, 183 OMV-Tankstellen, die ebenfalls Pakete annehmen, den Post.24-Stationen und rund 5000 Landzustellern, die Retourpakete auch wieder mitnehmen, garantierten eine landesweite Versorgung.

Mit der Übernahme der Quelle-Sendungen trifft der aus Deutschland stammende Logistiker Hermes die Österreichische Post bereits zum zweiten Mal empfindlich: Kurz nach dem Markteintritt von Hermes in Österreich im Juli 2007 zog die Otto Versand-Gruppe ihre Paketzustellung von der Post ab. Otto, Universal Versand sowie einige Spezialzusteller wie Heine bringen es gemeinsam auf ein jährliches Paketvolumen von rund 8 Millionen. Dieser erste Verlust war jedoch abzusehen, gehört Hermes doch zum deutschen Otto-Imperium.

"Wir hatten einmal rund 47 Millionen Pakete pro Jahr, jetzt sind uns insgesamt 15 Millionen Sendungen weggefallen", rechnet Post-Sprecher Michael Homola vor. Etwa 16 Prozent des gesamten Umsatzes der Post, der 2006 auf 1,737 Milliarden Euro kletterte, machte das Versandhandelsgeschäft aus.

Quelle: Größter Kunde, aber nicht Sündenbock

Wie groß die Einbuße für die Post genau sein wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Denn die Retourpakete der Quelle können die Kunden ab sofort sowohl per Post als auch über Hermes schicken. "Das ist eine wirkliche Revolution im Versandhandel, weil die Kunden damit insgesamt 3200 Abgabestellen zur Verfügung haben", meint Quelle-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Binder.

Die Versendung der Quelle-Kataloge und -Werbung läuft wie gehabt weiter über die Post. "Damit bleiben wir auch der größte Kunde der Post", so Binder.

Für Hermes habe man sich aus Service-Gründen entschieden; "preislich gibt es da keinen Vorteil", sagt Binder.

Die Rechnung der Post, wonach das Ergebnis der Post durch den Wegfall der Quelle-Pakete um 20 Millionen Euro einbrechen wird, kann er nicht nachvollziehen. Sein Unternehmen könne nicht für die gesamte Einbuße verantwortlich gemacht werden, er wolle nicht, dass Quelle als "Sündenbock" für Personalabbau und sinkenden Börsenkurs bei der Post dargestellt werde, meinte Binder.

Dass der Mitarbeiterstand der Post tatsächlich weiter reduziert wird, scheint nun wahrscheinlich.

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