Deutschlands Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat von der schwarz-gelben Koalition gefordert, sich von der Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke endgültig zu verabschieden. Union und FDP müssten "klar sagen: Wir korrigieren unsere Beschlüsse vom vergangenen Herbst", sagte Röttgen in einem Interview mit der Zeitschrift Super Illu.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Kurswechsel in der Energiepolitik müsse klar benannt und "auch wirklich vollzogen" werden, um der deutschen Regierung Glaubwürdigkeit zu verleihen, so Röttgen. Dabei solle die Koalition auf eine Zusammenarbeit mit der Opposition setzen, um eine breite parlamentarische Mehrheit zu erreichen.
Der Minister äußerte auch Zweifel an der Sicherheit der deutschen AKW. "In Japan sind die durchaus strengen Sicherheitsannahmen, die man aufgrund bekannter Risiken getroffen hatte, von der Natur widerlegt worden." Auch das deutsche Sicherheitskonzept basiere auf Annahmen etwa bezüglich eines Erdbebens, eines Hochwassers, eines Stromausfalls oder eines Flugzeugabsturzes. "Auf der Basis dieser Annahmen konnten wir sagen: Unsere Kernkraftwerke sind sicher. Aber jetzt müssen wir uns fragen: Stimmen unsere Annahmen überhaupt?"
So sei etwa der Schutz gegen Flugzeugabstürze bei den deutschen Atomkraftwerken sehr unterschiedlich - von "gar nicht vorhanden" bis "relativ gut", sagte Röttgen. "Aber es stimmt: Auf den Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges ist keine dieser Anlagen ausgelegt."
Schwieriger Umstieg
Offen ist, wie die von Umweltminister Norbert Röttgen und seinem Wirtschaftskollegen Rainer Brüderle (FDP) gewälzten Pläne zur Energiewende bezahlt werden sollen. Schwierig könnte der Umstieg auch werden, weil die Atomkonzerne dem Milliarden-Fonds zur Förderung regenerativer Energien den Geldhahn zugedreht haben.
Die vier großen Stromkonzerne und Atomkraftwerksbetreiber RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW begründeten den Zahlungsstopp mit der Bindung der Leistungen an die 2010 vereinbarte Laufzeitverlängerung für die Meiler. Die Regierung hatte die im Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung nach der Atomkatastrophe in Japan bis Mitte Juni ausgesetzt und sieben ältere Meiler vorübergehend vom Netz genommen. Bis dahin soll die AKW-Sicherheit überprüft und entschieden sein, welche Kraftwerke wieder angefahren werden können.
Uneinige Regierung
Einige führende Politiker von CDU und FDP warnten am Wochenende vor einem Abschalten der Atomkraftwerke binnen weniger Jahre. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte das von den Grünen geforderte neue Ausstiegsjahr 2017 "voreilig". Notwendig sei, mit wirtschaftlicher Vernunft den Umstieg auf erneuerbare Energien zu beschleunigen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warnte zudem davor, die sieben Altmeiler ohne rechtliche Grundlagen nach Ende des Moratoriums dauerhaft abzuschalten.
(APA, Reuters)