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Deutschklasse ungenügend

Von Martina Madner

Leitartikel
Martina Madner ist Redakteurin im Ressort Österreich.
© Wiener Zeitung, Thomas Seifert

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Bildungsminister Heinz Faßmann sieht die separaten Deutschklassen nun also nur für Schulanfänger und neu zugewanderte Quereinsteiger vor. Diese sollen extra unterrichtet werden, bis sie dem Unterricht folgen können. "Es geht nicht um die korrekte Anwendung von Dativ und Akkusativ", sagt der Minister.

Manche bezweifeln die Methode, andere glauben nicht an die Kostenrechnung des Ministeriums. Unumstritten ist dagegen das Ziel: Kinder müssen Deutsch lernen. Sprachkompetenzen sind wesentliche Voraussetzung für die Integration in die Gesellschaft.

Interessant ist dabei allerdings die Begründung von Minister und Ministeriumsmitarbeitern. Man bemüht die Pirls-Erhebung, wonach die Unterschiede in der Lesekompetenz von Schülern mit Migrationshintergrund und jenen ohne in den vergangenen Jahren nicht geschrumpft, sondern nochmals etwas angewachsen sind. Interessant deshalb, weil hierbei unberücksichtigt bleibt, dass sich solche Unterschiede halbieren, wenn man den unterschiedlichen sozialen Status von einheimischen und zugewanderten Familien berücksichtigt, wie etwa eine Bildungsstandard-Auswertung vor kurzem zeigte. Das halbe Problem ist also auf anderen Baustellen zu lösen.

Aber selbst an der verbleibenden Hälfte der Jugendlichen, die die Schule mit zu brüchigen Deutschkenntnissen verlassen, um erfolgreich ins Arbeitsleben zu starten, dürften die nun geplanten eigenen Deutschklassen lange Zeit nichts ändern. Schließlich müsste man hierfür dann doch bei der korrekten Anwendung von Dativ und Akkusativ auch von älteren Schülern ansetzen und nicht nur bei neu Zugewanderten und Taferlklasslern.

Zwar ist dem Gesetz gemäß auch künftig Deutschförderunterricht nach dem Besuch der Extraklasse möglich. In diesen kann die Schulleitung auch Schüler, die bereits älter sind, inkludieren. Hier aber spart das Ministerium bei der Stundenanzahl: Waren vor dem neuen Gesetz elf Stunden möglich, sind es künftig nur noch sechs. Es heißt, die Stundenanzahl sei an vielen Standorten nicht voll ausgeschöpft worden, man räumt zugleich aber ein, dass man über die Anzahl der Stunden nicht Bescheid weiß.

Dabei ging es der Regierung doch ursprünglich nicht nur um die Integration der Neuankömmlinge und der Kleinsten, sondern auch um eine Lösung der bereits vorhandenen Herausforderungen an den Schulen und für die Schüler. Und da geht es nicht nur um Sprachdefizite, sondern auch um Probleme beim Zusammenleben und -lernen von Schülern mit und ohne Migrationshintergrund, aber auch unterschiedlichem sozialen Status. Und da sind sich wohl alle einig: Eine Generation an Schülern verloren zu geben, kann nicht die Lösung sein.