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Deutschland im Ausnahmezustand

Von Christina Böck

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Wenn die deutsche "Bild"-Zeitung von einem "Drama" und "Schock" titelt, dann lauft dem gelernten Mord-und-Totschlag-Fetischisten normalerweise schon das Wasser im Mund zusammen. Das war diesmal vergebens, denn der volle Titel lautet: "Drama um Wetten, dass . . ?" Wie das? "Hape Kerkeling schockt mit Absage!" Ein Land in Ausnahmezustand. Deutschland steht vor den Trümmern seiner Unterhaltungsindustrie. Möchte man meinen. Vor einigen Monaten hat Thomas Gottschalk, als Nachwirkung eines fast tödlichen Unfalls in der Show, bekannt gegeben, dass er "Wetten, dass . . ?", das alte Schlachtross der deutschsprachigen Samstagabend-Unterhaltung, nicht mehr moderieren wird. Seither hat er eine letzte Sendung nach der anderen. Am Samstag lief, wenn die Rechnung stimmt, seine vierte letzte Show. Seither wächst sich die Causa "Wetten, dass . . ?" zu einer veritablen Staatsaffäre aus. Der kleine Nachbar darf staunend beobachten, wie der blonde Mann mit dem lustigen Kleidergeschmack ein Land ins Chaos stürzt.

Hierzulande ist man in solchen Dingen ja pragmatisch unsentimental, wer erinnert sich nicht, wie die einst berühmteste Moderatorin Österreichs, Vera Russwurm, einige Zeit unbemerkt von Dieter Chmelar ersetzt wurde.

Was "Wetten, dass . . ?" betrifft, hat sich kürzlich das Gender-Ressort, geleitet von Comedian Hella von Sinnen, zu Wort gemeldet. Sie plädiert dafür, dass Barbara Schöneberger Gottschalk beerbt. Und zwar, weil sie eine Frau ist. Und nicht vielleicht, weil sie dieselbe Frisur hat. Man kann nur hoffen, dass Angela Merkel endlich ein Machtwort spricht.