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Deutschland kreierte "Reform für die Enkel"

Von Sissi Eigruber, Berlin

Wirtschaft

Das neue System der Pensionsvorsorge in Deutschland stand die vergangenen zwei Tage im Zentrum des diesjährigen Raiffeisen-Versicherungssymposiums in Berlin. Die mit 1. Jänner 2002 eingeführte "Riester-Rente" soll die Deutschen zu mehr privater und betrieblicher Eigenvorsorge anspornen und die - in der bestehenden Form nicht mehr finanzierbaren - staatlichen Rentenleistungen Zug um Zug entlasten.


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Das Ziel der deutschen Rentenreform ist es, das umlagefinanzierte Sozialrentensystem durch ein möglichst flächendeckendes Kapitalrentensystem zu ergänzen. In wie weit es durch die Reform gelingen wird, den Lebensstandard der künftigen RentnerInnen zu sichern, darüber sind sich die Experten - ebenso wie bei der Abfertigung Neu in Österreich - uneins.

Neben sukzessiven Kürzungen von Rentenleistungen (z. B. bei der Hinterbliebenenversorgung) werden die PensionistInnen von morgen und übermorgen durch massive Förderungen dazu angehalten, zusätzlich zu den bisherigen Pensionsbeiträgen 4% ihres Bruttoeinkommens in ausgewählte Vorsorgeprodukte zu investieren. Trotz dieser Mischfinanzierung sei es in Anbetracht der alternden Gesellschaft vorauszusehen, dass weitere Maßnahmen getroffen werden müsse, erläuterte der Rentenexperte Bert Rürup.

Die Pensionsproblematik betreffe nicht nur Österreich und Deutschland, sondern ganz Europa, so Rürup. Als unabwendbar sieht er die Anhebung des Pensionsalters und die Angleichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters von Frauen an jenes der Männer.

"Pensionspolitik ist immer Verteilungspolitik. Die Kosten lassen sich nicht wegreformieren, sondern nur umverteilen." Das deutsche Modell sei eine "Reform für die Enkel", erst die würden davon profitieren, so der Experte weiter. Dennoch sei die Rentenreform "vom Konzept her zweifellos ein großer Wurf".

In Deutschland gebe es Diskussionen über das Mischverhältnis von staatlicher und privater Vorsorge. Auch Österreich sollte sich beeilen, auf ein Mischsystem umzusteigen, gab Rürup zu verstehen. Der in Österreich als 2. Pensionssäule geplante Beitrag zur Abfertigung Neu sei mit 1,53% des Bruttolohns wohl noch zu niedrig angesetzt und als Pensionsvorsorge nur dann sinnvoll, wenn die Beiträge zwischendurch nicht entnommen werden. Darüber herrschte auch bei den Experten der Raiffeisen Versicherung Einigkeit. Rürup erachtet 2,5% als notwendig. In der Raiffeisen Versicherung fordert man langfristig sogar 5%.

Als wesentliche Probleme der Abfertigung Neu sieht der Chef der zur Uniqa-Gruppe gehörenden Raiffeisen-Versicherung, Christian Sedlnitzky, den hohen Verwaltungsaufwand und die damit verbundenen Kosten des Systems. Daher werde daran zumindest kurzfristig nichts zu verdienen sein. Laut Rürup beträgt in Österreich der Anteil der Betriebspensionen an den gesamten Pensionen nur 1%, verglichen mit 6% in Deutschland oder 40% in den Niederlanden.