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Deutschland macht die Krise schon 2011 wett

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Wirtschaft
Links die Regierung, rechts die Weisen: Philipp Rösler, Wolfgang Schäuble, Ursula von der Leyen, Rainer Brüderle, Angela Merkel; Wolfgang Franz, Peter Bofinger, Wolfgang Wiegard, Christoph Schmidt, BeatriceWederDi Mauro. Foto: reu

Niveau vor dem Absturz wird nicht erst 2014, sondern Ende 2011 erreicht. | Bankensteuer ohne Lenkungseffekte. | Berlin. Das Finanzsystem bleibt anfällig für Rückschläge. Die Aufsichtsbehörden hätten sich bisher nur "zögerlich" um die Bilanzbereinigung und Restrukturierungen der Banken gekümmert, heißt es im Jahresgutachten der deutschen Wirtschaftsweisen. Das sind fünf Ökonomen, die im Auftrag der Regierung jährlich ein Gutachten erstellen und so eine Grundlage für Deutschlands Wirtschafts- und Finanzpolitik schaffen.


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Mit der Bankenabgabe, welche Berlin Ende Oktober beschlossen hat, sind die Wirtschaftsweisen nicht restlos glücklich. Diese ist mit maximal 15 Prozent eines Jahresergebnisses gedeckelt, die das jeweilige Institut in einen Restrukturierungsfonds einzahlen soll. So meint man den Steuerzahler von Kosten entbinden zu können. Über viele Jahre hinweg sollen so für den Fonds 70 Milliarden Euro zusammenkommen. Die Bankenabgabe sei aber zuwenig, sagen die Wirtschaftsweisen, damit "tatsächlich eine Lenkungsfunktion" erfüllt würde. Beatrice Weder di Mauro, die dem Gremium angehört, sprach am Mittwoch von einem "Vielfachen", das dazu nötig wäre.

Die Ökonomen hielten eine Abgabe für sinnvoller, die vom systemischen Risiko eines Instituts abhängt: Das Risiko gilt als umso höher, je größer und je stärker vernetzt eine Bank ist. Diesem Problem müsste man sich aber international annähern und die Abgabe hoch genug ansetzen. Ähnlich verhält es sich mit strengeren Eigenkapitalregeln, die beim heute in Seoul beginnenden Treffen der G20 ein Thema sein werden.

Im Großen und Ganzen positiv bewerteten die fünf Weisen indes Deutschlands Wirtschaftspolitik: Mit Konjunkturanreizen wurde die Abwärtsdynamik gebremst. So glaubt man nun nicht mehr - wie es am Anfang der Krise vor zwei Jahren der Fall war -, dass die Bundesrepublik erst 2014 wieder das Wirtschaftsleistungsniveau vor dem Abschwung erreichen wird: Gestern sprach man von Ende 2011. Heuer gehen die Ökonomen von einem Plus von 3,7 Prozent aus. Für das kommende Jahr prognostizieren sie immerhin noch einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von 2,2 Prozent: Die vorsichtigere Prognose erklärt sich dadurch, dass die Ökonomen bei einer Reihe von Ländern mit einer "Schwächephase" und einer "harten Konsolidierungspolitik der Regierungen" rechnen - was sich negativ auf den deutschen Exportsektor auswirkt.

Österreich profitiert mit

Deutschlands Wirtschaft soll demnach aber heuer mehr als doppelt so stark wachsen wie der Euroraum, der nach aktuellen Prognosen nur um 1,7 Prozent zulegen wird. Für Österreich sind das gute Nachrichten: Zwar bleibt die heimische Wirtschaft mit ihren Wachstumsraten erstmals seit etlichen Jahren hinter dem großen Nachbarn zurück. Österreichs Zulieferindustrie kann aber im Windschatten deutscher Exporterfolge mitziehen.

Eine große Stütze der Volkswirtschaft wird erstmals seit Jahren der private Konsum sein. Dazu trägt auch die weitere Entspannung auf dem deutschen Arbeitsmarkt bei: Die Zahl der Arbeitslosen dürfte dieses Jahr bei durchschnittlich 3,2 Millionen liegen und im kommenden Jahr im Schnitt unter die Marke von drei Millionen fallen.

Eine "Bildungsoffensive" würde sich positiv auf die Arbeitsmarktlage auswirken. Die Ökonomen plädieren für "Chancengleichheit" für Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Schichten. Diese würden "bei gleicher Intelligenz" vergleichsweise selten einen höheren Abschluss machen.