Der Mittelstand ist nach einer Ernst & Young-Studie mit der Standortpolitik in Deutschland unzufrieden. Bemängelt werden vor allem die hohe Steuerbelastung und die Bildungspolitik.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Hinzu kommt, dass die meisten in Osteuropa tätigen mittelständischen deutschen Unternehmen mittlerweile ernüchtert sind. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Deutsche Warentreuhand sieht nur ein Drittel der Firmen die Erwartungen erfüllt. Viele Unternehmen klagen über hohe Kosten, schlechte Infrastruktur oder mangelnden Absatz.
Nach dem Mittelstandsbarometer 2005 des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young kritisieren rund 90 Prozent der Firmen in Deutschland neben hohen Steuern vor allem mangelnde Verlässlichkeit bei steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Konjunkturaussichten und den Geschäftsverlauf 2005 schätzen die Firmen düster ein. Mit ihrer gegenwärtigen Lage sind jedoch knapp drei Viertel der 3000 befragten Mittelständler zufrieden. Schlechte bis mittelmäßige Noten erteilen die Unternehmer auch der Bildungspolitik von Bund und Ländern. Am unzufriedensten waren die Firmen mit dem Wissen ihrer Auszubildenden in Berlin und Brandenburg. Besser schnitten das Saarland, Baden-Württemberg und Bayern ab.
Mehr als die Hälfte der Befragten erwartet eine weitere Verschlechterung der Konjunktur, zwölf Prozent gehen von einer Belebung der konjunkturellen Lage aus. "Die im Vorjahr leicht negative Stimmung ist einem ausgeprägten Pessimismus gewichen", resümiert Ernst & Young in der Studie. Ihre gegenwärtige Geschäftslage beurteilten die Mittelständler deutlich besser als die Konjunktur und besser als im Vorjahr. So stieg die Zahl der zufriedenen Unternehmer von etwa der Hälfte auf 71 Prozent.
Vor allem die mittelständische Industrie habe von der Erholung der Weltwirtschaft und der Auslandsnachfrage profitiert, sagte Mittelstandsexperte Peter Englisch. "Die Stimmung in Deutschland ist schlechter als die Lage." Die Themen Lohn- und Lohnnebenkosten stehen bei rund 80 Prozent der Unternehmer ganz oben auf der Agenda. Vor allem kleine Firmen hätten kaum die Möglichkeit, von der günstigeren Fertigung im Ausland zu profitieren.
Nach einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im BDO-Auftrag unter den Geschäftsführern von 250 mittelständischen Unternehmen sieht nur ein Drittel der inzwischen im Osten aktiven Firmen ihre Erwartungen erfüllt. Rund ein Viertel der Mittelständler hat seit der EU-Osterweiterung in den Ost-Ländern Produktionsstätten oder Vertriebsgesellschaften aufgebaut.
"Entscheidende Gründe für ein Engagement in den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten sind die Erschließung neuer Märkte und die Umsetzung von Expansionsplänen", heißt es in der Studie. "Darüber hinaus haben niedrige Lohn- und Produktionskosten für die Unternehmen einen hohen Stellenwert." Steuervorteile seien dagegen nur für ein Fünftel der Unternehmen Ausschlag gebend für den Schritt nach Osten gewesen. Enttäuscht wurden die Unternehmen, weil die Kaufkraft in Osteuropa oft nur halb so hoch wie im Durchschnitt der EU ist.