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Deutschland und die 130 Milliarden Euro

Von Wolfgang Tucek

Analysen

Hinweise auf ein EU-Konjunkturpaket über 130 Milliarden Euro kommen derzeit nur aus Berlin. Die Deutsche Presseagentur verfügt über ein Papier, in dem von einem "koordinierten fiskalischen Impuls durch die Mitgliedsstaaten in der Höhe von 130 Milliarden Euro" die Rede ist. Es sei noch nichts entschieden und schon gar keine Zahlen, wird in Brüssel dagegen beteuert. Der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos spricht aber schon ganz offen über das Konjunkturpaket im Fernsehen; Nachrichtenagenturen zitieren deutsche Regierungskreise mit Details.


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Das ist bemerkenswert, weil Berlin einen ganz ähnlichen Vorstoß aus Frankreich gemeinsam mit London erst vor eineinhalb Monaten innerhalb nur eines Tages vernichtet hat. Die 130 Milliarden Euro entsprechen in etwa einem Prozent der Wirtschaftsleistung der EU. Eine solche koordinierte Aktion würde die Mitgliedsstaaten noch um einiges mehr kosten als das jährliche EU-Budget - 25 Milliarden für Deutschland, zirka ein Zehntel davon für Österreich.

Startschuss aus Brüssel

Vorstellungstermin für die Ideen der EU-Kommission ist der kommende Mittwoch. Mehr als grundsätzliche politische Erklärungen sind aber wohl nicht zu erwarten. Am konkretesten ist noch, dass die Kommission aller Voraussicht nach ein paar Milliarden Euro aus den Struktur- und Sozialfonds schneller ausbezahlen möchte und die Europäische Investitionsbank vorübergehend ihre Kreditlinien deutlich erhöhen soll - vor allem für Klein- und Mittelbetriebe. Und tatsächlich sickert in Brüssel langsam auch durch, dass die EU-Länder nach Vorstellungen der Kommissare wohl tief in die Tasche greifen müssen, um die Konjunktur anzuschieben - immerhin ist die Eurozone erstmals seit ihrem Bestehen offiziell in der Rezession.

Die Größenordnungen will niemand bestätigen - und verordnen kann die Kommission den Mitgliedsländern auch kein einheitliches Paket. Die Mitgliedsstaaten könnten Investitionen in Zukunftsbereiche wie Infrastruktur oder Klimaschutz vorziehen, heißt es einigermaßen nebulos. Deutschland hat bereits erklärt, dass es sich sein aktuelles Konjunkturpaket von 32 Mrd. Euro über zwei Jahre auf jeden Fall anrechnen lassen will. Andere warten noch auf den Startschuss aus Brüssel.