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"Einfach, niedrig und gerecht": Mit diesem Spruch tingelte Guido Westerwelle vor der Parlamentswahl im Herbst 2009 durch Deutschland - für solch ein Steuersystem, so der FDP-Chef, stünden die Liberalen. | Steuersenkungen von 35 Milliarden Euro versprach Westerwelle, in den Koalitionsvertrag schafften es immerhin noch 24 Milliarden. Kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres machte man den Hoteliers ein Geschenk und senkte den Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen. Dann war Schluss: Im Mai sprach Kanzlerin Angela Merkel ein Machtwort. Angesichts der Wirtschaftslage seien Steuersenkungen so schnell doch nicht machbar.
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Doch die Konjunktur zog an - und die Wünsche der Liberalen wurden wieder lauter. Nun soll also das Steuerrecht "spürbar vereinfacht und von unnötiger Bürokratie befreit" werden, wie es seitens der deutschen Bundesregierung heißt. Insgesamt umfasst der Katalog der Steuervereinfachungen 41 Punkte.
Hauptnutznießer könnten dabei Unternehmen sein: Etliche schriftliche Nachweise sollen nicht mehr nötig sein, andere sollen elektronisch an die Finanzämter übermittelt werden können. Mit 4 Milliarden Euro, die sich Unternehmen bei der Bürokratie ersparen, rechnet die Koalition. Von einer "echten Erleichterung" sprach FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Donnerstag im "Deutschlandfunk" und kündigte 590 Millionen Euro an Steuerermäßigungen für Arbeitnehmer an - "ein großer Erfolg der FDP". Ist es das?
Arbeitnehmer dürfen jetzt auch erst alle zwei Jahre ihre Steuererklärung abgeben. Der Großteil aber freut sich bestimmt weiterhin darüber, jedes Jahr Geld von der Finanz zurückzubekommen. Darüber hinaus soll die Kostenpauschale, die die Arbeitnehmer beim Sammeln von Quittungen entlastet, von 920 auf 1000 Euro steigen. Das ist kaum der Rede wert. Das Geld aber wird dem Staat fehlen.
Das Einkommenssteuermodell, das die Liberalen propagieren, käme dem Staat allerdings noch teurer - ohne zwangsläufig "gerechter" zu sein. Noch vor wenigen Monaten war die FDP für ein dreistufiges Modell eingetreten: 10 Prozent auf Einkommen bis 20.000 Euro, 25 Prozent bis 50.000 Euro und 35 Prozent bis 50.000 Euro.
Im Frühjahr schwenkte man um: Die FDP setzt sich nun für ein fünfstufiges Modell ein. Dass dieses die öffentlichen Haushalte nur noch mit 16 Milliarden Euro belasten würde, glaubt selbst der Koalitionspartner nicht so recht.
Jetzt sei es jedenfalls einmal um "Vereinfachung", nicht unbedingt um "Entlastung" gegangen, sagte Generalsekretär Lindner und lobte das Vorhaben als einen "wichtigen Schritt".
Ein großer Wurf sieht anders aus. Er würde ein Gesamtkonzept vorsehen, das freilich auch eine Reform der Mehrwertsteuersätze miteinschließt. Denn dass für Babywindeln 19 Prozent Steuer gezahlt werden müssen, für Blumen oder Trüffeln aber der ermäßigte Satz von 7 Prozent gilt, ist nicht einleuchtend.