Streits über Koalitionen spielen im deutschen Wahlkampf eine wichtigere Rolle als Sachthemen. CSU und FDP warfen einander vor, ein mögliches schwarz-gelbes Bündnis zu gefährden. Kanzlerin Angela Merkel warf der SPD vor, ein Bündnis mit den Linken zu planen. Persönliche Attacken auf ihren SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier lehnte sie ab.
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"Ich halte nichts davon, dass ich meinen Mitbewerber unsachlich angreife", sagte die Bundeskanzlerin. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung lehnte sie Forderungen aus den eigenen Reihen ab, sie müsse im Wahlkampf offensiver auftreten. "Ich setze mich mit den Vorstellungen von Herrn Steinmeier dort auseinander, wo das notwendig ist, aber ich qualifiziere niemanden ab."
Der SPD warf Merkel vor, auch im Bund ein Bündnis mit den Linken anzustreben. Dem Münchner Merkur sagte sie: "Ich beobachte eine stärker werdende Strömung, die so früh wie möglich auch im Bund mit den Linken regieren will. Das wäre verheerend für Deutschland."
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) widersprach im Focus, für den Bund gelte und sei in der SPD unbestritten: "2009 gibt es keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei." Ein Kanzler Steinmeier sei möglich, wenn Schwarz-Gelb keine Mehrheit bekomme. Dann wäre ein Bündnis SPD-Grüne am besten. "Wenn das nicht reicht, stellt sich die Frage an die FDP, ob sie bereit und in der Lage ist, Verantwortung für die Republik zu übernehmen."
Im Gegenzug nannte Steinmeier die von Merkel angestrebte Koalition mit der FDP eine "Gefahr für die Stabilität in unserem Land". Unter Schwarz-Gelb könnten soziale Grundsatzkonflikte neu aufreißen. Im Spiegel hielt der SPD-Kanzlerkandidat Merkel vor, sie wolle ihre "wahren Absichten" erst nach der Wahl offenlegen.
Auf einer Veranstaltung in Duisburg sagte der Vizekanzler, der Wahlkampf der Union sei "ein ganz lausiges Theaterstück". Das Stück heiße: "Nur nicht auffallen." Die CDU wirke "saft- und kraftlos", ohne Ideen und Konzepte. "Wer aber nicht gestalten will", meinte Steinmeier, "der muss auch nicht regieren wollen".
CSU gegen FDP
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer warf der FDP vor, mit ihren Forderungen einen Erfolg von Schwarz-Gelb zu verspielen: "Die FDP gefährdet den Wahlerfolg von Schwarz-Gelb, wenn sie weiterhin mit neoliberalen Schreckgespenstern Wahlkampf macht. Das sollte Westerwelle aus 2005 doch gelernt haben!" Die CSU-Spitze hat am Samstag nach Angaben aus Teilnehmerkreisen beschlossen, ihre massiven Attacken auf die FDP in den drei Wochen bis zur Wahl systematisch fortzusetzen.
CDU-Präsidiumsmitglied und Innenminister Wolfgang Schäuble sprach sich im Focus dagegen aus, jetzt in einen fetzigen Lagerwahlkampf einzusteigen. "Dann müssten wir den Menschen langatmig erklären, warum wir mit der SPD eine Koalition gemacht haben, wenn bei ihnen alles nur grauenhaft ist."
SPD-Fraktionschef Maget sagte, wenn Seehofer seine Kritik an den Liberalen ernst meint, müsse er das Projekt Schwarz-Gelb aufgeben. "Schwarz-Gelb ist bereits am Ende, bevor es überhaupt losgeht", erläuterte Maget laut Mitteilung in München. "Seehofer weiß, dass eine gemeinsame Regierung der Union mit der FDP den Sozialabbau in Deutschland in den Mittelpunkt ihres Regierungsprogrammes stellen würde."
Auch Westerwelle reagierte umgehend. "Die Mittelstandspolitik der FDP ist die sozialste Politik, die man machen kann, weil sie Arbeit und Wohlstand für alle schafft", sagte er am Sonntag laut Mitteilung in Berlin.