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Deutschland will sich seine "Limiteds" selber machen

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Gesetzesentwurf plant Gesellschaft | ohne Kapital. | Bonner Experte warnt vor einem Schnellschuss. | Wien/Berlin. Die EU macht's möglich: Eine Kapitalgesellschaft in einem Land gründen, wo die Bedingungen aus Unternehmerperspektive günstiger sind - tätig ist man aber dann ganz woanders. Im großen Stil einer Aktiengesellschaft hat es unlängst die Meinl European Land vorgemacht. Man ist an der österreichischen Börse tätig, operiert jedoch nach dem Recht der Kanalinsel Jersey.


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Immer öfter werden britische "Limited Companys" in Deutschland und Österreich eingesetzt. Am ehesten vergleichbar ist eine "Limited" Gesellschaft wohl mit einer GmbH. Sie hat aber den großen Vorteil, dass nur ein symbolisches Stammkapital von einem Pfund notwendig ist.

"In Deutschland sind momentan 40.000 solcher englischen Limited Gesellschaften eingetragen", erklärte der Bonner Rechtsprofessor Marcus Lutter bei seinem Vortrag im Rahmen des Symposiums anlässlich der Emeritierung von Professor Peter Doralt von der Wiener Wirtschaftsuniversität. "Die sind eine arge Belastung für die Gerichte und Rechtsanwälte, weil alle Streitfälle nach britischem Recht gelöst werden müssen."

Aufgrund dieser Tatsache hat die deutsche Bundesregierung im Mai 2007 einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des GmbH-Rechts veröffentlicht, der noch in Begutachtung ist. Es handelt sich dabei nur um einen Paragraphen, mit dem eine komplett neue Kapitalgesellschaft ins Leben gesetzt werden soll: Bei der sogenannten "Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung" (UG) ist die Höhe des Stammkapitals "im Ermessen der Gründer".

Kampfansage

Mit der "UG" soll den Limiteds der Kampf angesagt werden - wenn schon eine Gesellschaftsform ohne Kapital so begehrt ist, soll sie wenigstens nach deutschem Recht ablaufen. "Die UG kann man relativ problemlos später in eine GmbH umwandeln, schon allein deshalb, weil außer dem Stammkapital die restlichen Regeln eins zu eins mit jenen der GmbH sind", so Lutter. Der momentane Gesetzesentwurf sieht zudem "eine Pflicht vor, eine UG im Laufe ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in eine GmbH umzugründen, wenn einmal das GmbH-Stammkapital von 25.000 Euro aufgebracht werden kann." Es ist allerdings kein zeitlicher Rahmen vorgegeben. "Da verlässt man sich sehr auf die Vernunft", beklagt Lutter, er bleibt aber optimistisch. Schließlich hätten auch in Frankreich trotz Abschaffung des Mindestkapitals die meisten Gesellschafter weiterhin verantwortungsvoll gehandelt.

Trotzdem ist sich der Experte nicht sicher, ob die UG eine gute Idee ist: "Ich wüsste selber nicht, wie ich im Bundestag über das Gesetz abstimmen würde. Vielleicht sollte man die Entwicklung der Limiteds noch weiter beobachten. Einige Experten meinen ja, dass schon mehr Limiteds vom Markt verschwinden, als im Monat gegründet werden."

Lutter warnt vor einem Schnellschuss: Ein einzelner Paragraph könnte zu viele Fragen offen lassen: "Deutschland muss aufpassen, dass es sich mit der UG nicht eine unseriöse Laus in den Pelz setzt."