Desaster für die CDU in beiden Ländern. | SPD kann sich Koalitionspartner aussuchen. | Berlin. Die SPD kann sich in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern ihre Koalitionspartner aussuchen. Sie muss es aber auch, denn in beiden Ländern hat es bei den Landtagswahlen am Sonntag nur für weniger als ein Drittel der Stimmen gereicht.
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Klaus Wowereit (52, SPD), regierender Bürgermeister Berlins, kann seine Koalition mit der Linkspartei fortsetzen oder auf Rot-Grün umsteigen. Er hat, trotz erheblicher Stimmenverluste, sein Wahlziel erreicht und wird vermutlich weitere fünf Jahre im "Roten Rathaus" residieren. In einer ersten Reaktion ließ er die Frage nach dem künftigen Koalitionspartner offen. Inhaltlich gehe es sowohl mit den Grünen als auch der Linkspartei, die Verhandlungen stünden aber nicht unter Zeitdruck.
An der Ostseeküste ist Harald Ringstorff (66, SPD) gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen, besser gesagt: mit einem roten. Er kann mit Hilfe der Linkspartei Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern bleiben - oder mit der CDU nun auch auf Landesebene eine Große Koalition bilden.
Für die CDU waren beide Landtagswahlen am Sonntag ein Desaster. Sowohl in Berlin als auch in Schwerin sank sie noch unter ihre bisher schlechtesten Marken. Herb in Berlin, wo sie dreißig Jahre hindurch die mit Abstand stärkste Fraktion gebildet hatte und nach dem Bankenskandal 2001 in die Bedeutungslosigkeit abstürzte; herb aber auch in Mecklenburg-Vorpommern, der politischen Heimat von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Eine Regierungsbeteiligung wäre zwar rechnerisch in beiden Ländern möglich - allerdings nur mit Hilfe der SPD, die das für Berlin aber bereits kategorisch ausgeschlossen hat. Der Bundesvorsitzende der deutschen Sozialdemokraten, Kurt Beck, konnte denn auch frohlocken, dass es in beiden Ländern "keinen Kanzler-Bonus" gegeben habe.
Linkspartei sackt ab,
Sorgen wegen NPD-Erfolg
Die auffälligsten Parteien-Ergebnisse waren der drastische Verlust der SPD im Nordosten (mehr als zehn Prozent), der Einzug der FDP in den Schweriner Landtag und ihre Wiederkehr in Berlin, vor allem aber das Absacken der Linkspartei.PDS in ihrer bisherigen Hochburg Ost-Berlin, wo sie sich mit einem Minus von 20 Prozent praktisch halbierte.
Die Grünen scheiterten in "Meck-Pomm" an der 5-Prozent-Hürde, fuhren aber in Berlin noch vor der FDP ein stolzes zweistelliges Ergebnis ein. Die rechtsradikale NPD wird in Berlin künftig in vier Bezirksparlamenten, in Schwerin sogar im Landtag sitzen. Damit sind Rechtsextreme nun in insgesamt vier deutschen Landtagen vertreten: die NPD außer in Mecklenburg-Vorpommern auch in Sachsen, die DVU in Brandenburg und Bremen. Rechtsextremen Parteien gelang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands schon häufiger der Sprung in ein Länderparlament, meist hielten sie sich aber nur eine Legislaturperiode.
Dennoch sorgte der NPD-Erfolg für Besorgnis: Merkel nannte ihn ein "außerordentlich bedauerliches Ergebnis dieser Landtagswahl". Beck forderte die Stärkung der Netzwerke gegen Rechtsextremismus in Deutschland. Die bisher bestehenden Projekte gegen Rechtsextremismus laufen mit Ende des Jahres aus, ab 2007 soll es ein neues Förderprogramm geben. Spitzenpolitiker von Union und SPD lehnten einen neuen Anlauf für ein NDP-Verbot ab, der von dem Zentralrat der Juden gefordert worden war. Innenminister Günther Beckstein (CSU) sieht dafür "keine realistische Erfolgschance".
Kanzlerin Merkel konnte den Landtagswahlen dennoch positive Seiten abgewinnen: "In Mecklenburg-Vorpommern sind wir knapp nicht stärkste Partei geworden", analysierte die CDU-Vorsitzende das Abschneiden ihrer Partei. Die CDU und die SPD lägen aber im Ergebnis sehr dicht beieinander. "Das ist ein großer Erfolg." Rot-Rot werde nicht mehr gewollt. Das sei auch die Botschaft der Bürger in Berlin, erklärte Merkel, die auf der Regierungspolitik beharrte: "Es gibt keine Alternative, als den Kurs fortzusetzen", sagte sie am Montag nach Beratungen mit den Parteigremien in Berlin.