Zum Hauptinhalt springen

Diabetiker protestieren

Von Veronika Gasser

Politik

Der Hauptverband steht unter Beschuss. Die Selbsthilfegruppe Diabetes Austria hat eine Unterschriften-Aktion gegen die "absurde Bewilligungspolitik" gestartet und spricht von "Willkür". Anlass der Auseinandersetzung: Actos, ein Produkt des Pharmakonzerns Takeda, wird von den Chefärzten nur noch selten bewilligt. Stattdessen, so der Vorwurf, werde das teurere Konkurrenzprodukt Avandia verschrieben.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Sprecher von Diabetes Austria, Peter Hopfinger, vermutet bei der jüngsten Auseinandersetzung um die neue Verschreibungspraxis des Hauptverbandes einen Kampf zwischen den Pharmakonzernen Takeda und Glaxo-Smith-Kline, dem Hersteller von Avandia.

Letzterer errang den Sieg und schaffte es mit seinem Produkt auf die Sonderliste für Arzneimittel. Und sei ein Präparat in diese Liste aufgenommen, wirke das wie eine Weisung seitens des Hauptverbandes an die Chefärzte, dieses auch zu verschreiben. Hopfinger berichtet von empörten Patienten, die mit dieser Praxis nicht einverstanden sind. Die Diabetiker (allesamt Typ II) protestieren. Mit einer Unterschriften-Aktion will Diabetes-Austria auf die "Schikanen" aufmerksam machen. Actos sei ideal, weil es nicht nur den Blutzucker reguliert, sondern auch die Blutfette (Triglyzeride) senkt. Hopfinger ist daher unverständlich, dass erfahrene Diabetologen das Präparat zwar verschreiben, "doch der Chefarzt schmettert später alles ab und genehmigt es nicht".

Was die Betroffenen besonders empört, so Hopfinger, ist die angebliche Anweisung des Hauptverbandes, alle Patienten von Actos auf Avandia umzustellen. Im Hauptverband bestreitet man dies. Erich Schmatzberger, Jurist im Hauptverband, bestreitet, dass Patienten, die an Actos gewöhnt seien, nun Avandia zwangsverordnet bekämen. "Eine solche Umstellung haben wir nie gefordert. In solchen Fällen genehmigt der Chefarzt normalerweise das bisher verwendete Medikament. Es geht nur um neue Fälle." Soeben laufe ein Verfahren bei der Heilmittelkommission, das Takeda angestrengt hätte.

Der Konzern ist mit der Einschätzung des Hauptverband-Beirates nicht einverstanden, wonach Actos und Avandia in falscher Dosierung miteinander verglichen wurden. "Der Fachbeirat widerspricht internationalen Therapierichtlinien und der EU-Zulassung, die auch von heimischen Experten erteilt wird," wundert sich Helmuth Hasibeder, Chef von Takeda. "Es gibt kein Land außer Österreich, in dem behauptet wird, dass die niedrige Dosierung von Avandia (4 mg) gleich wirksam wäre wie unsere höhere (Actos 30 mg)." Diese "falsche" Behauptung sei ein unzulässiger Eingriff in den Wettbewerb. Beim Oberlandesgericht hat Takeda deshalb auch eine Klage eingebracht.