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"Dialog ist oft nur eine Ausrede"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv
Abseits der Öffentlichkeit verlief das Treffen Barrosos mit dem usbekischen Präsidenten Karimow - der Protest dagegen war es aber nicht. Foto: ap

Barroso trifft usbekischen Machthaber Karimow. | Ermahnung wegen Umgangs mit Asylwerbern. | Brüssel. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat das Datum für die Präsentation ihres Jahresberichts am Montag geschickt gewählt. Denn am selben Tag traf Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso den umstrittenen usbekischen Präsidenten Islam Karimow zu Gesprächen hinter verschlossenen Türen. | Analyse: Braucht die EU Menschenrechte in China? Wirtschaftlich gesehen nicht


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Das Treffen scheint wie ein Musterbeispiel für die HRW-Kritik: Anstatt Druck auf autoritäre Machthaber auszuüben, denen schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, übe sich die EU in "Menschenrechtsdialogen", deren Ergebnisse nicht greifbar seien, wie HRW-Direktor Kenneth Roth monierte. Diese Prozeduren seien für beide Seiten oft eine Ausrede dafür, in Wirklichkeit nichts für die Menschenrechte zu tun. Denn Dialog sei zwar wichtig, müsse aber mit klaren Bedingungen verbunden werden.

Das gelte insbesondere für China, Russland und zentralasiatische Staaten wie eben Usbekistan und Turkmenistan. Staaten, welche die Menschenrechte fortwährend verletzten, müssten mit empfindlichen finanziellen und wirtschaftlichen Sanktionen und öffentlicher Ächtung bestraft werden. "Aber die EU ist da dagegen, weil es angeblich dem gegenseitigen Vertrauen schadet", meinte Roth. So könnten sich autoritäre Machthaber dem öffentlichen Druck entziehen. Dabei habe es im Falle Karimows noch immer keine unabhängige internationale Untersuchung des Massakers von Andischan im Jahr 2005 gegeben, wo die usbekischen Sicherheitskräfte hunderte Demonstranten getötet hatten.

"Keine Einladung"

Ob diese Untersuchung immer noch eine Forderung der EU sei, beantwortete eine Sprecherin von Barroso auf zweimalige Anfrage nicht. Dass es keine gemeinsame Pressekonferenz der beiden Präsidenten gebe, sei aber nicht ungewöhnlich und eben so ausgemacht worden. Im Übrigen habe die Kommission Karimow nicht eingeladen, sondern der hätte um das Treffen gebeten. Außer dem Thema Menschenrechte stünden die Unterzeichnung eines gemeinsamen Abkommens über "Energie-Angelegenheiten" sowie die Eröffnung einer EU-Delegation in der usbekischen Hauptstadt Taschkent auf der Agenda des Treffens.

Neben den Vorwürfen gegen die EU beim Thema Menschenrechte setzte es auch ganz konkrete HRW-Kritik am Umgang der Union mit Asylwerbern. Diese könnten nicht in die Ukraine oder nach Libyen als "sogenannte sichere Drittländer" zurückgeschickt werden, sagte Roth. Beide seien nämlich "vollkommen außerstande", Asylverfahren ordentlich abzuwickeln. Ähnlich sei das im Übrigen beim EU-Land Griechenland, weshalb auch eine Reform der EU-internen Abschiebepraxis fällig sei.