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Die Verhandlungen zwischen Serbien und Kosovo kommen immer wieder ins Stocken.
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Brüssel. Hochrangiger kann ein Treffen kaum besetzt sein. Als die Serben und Kosovaren gestern, Dienstag, zu einer weiteren Gesprächsrunde in Brüssel zusammenkamen, waren nicht nur die Premierminister beider Länder anwesend. Auch die Staatspräsidenten waren angereist. Denn der Dialog, den Belgrad und Pristina unter EU-Vermittlung - und unter EU-Druck - führen, kreist nicht nur um technische Vereinbarungen, die die jeweiligen Experten treffen können. Er ist auch ein politisches Signal, dieses Mal ausgesandt von den Spitzenpolitikern der Nachbarstaaten.
Es war denn auch eine der wesentlichen Botschaften der Zusammenkunft: "Wir reden miteinander" - trotz zahlreicher Meinungsunterschiede. Die haben sich in den letzten Wochen auch nicht verringert. Im Gegenteil: Die Spannungen zwischen Serbien und dessen ehemaliger Provinz, deren Unabhängigkeit Belgrad nicht anerkennt, nahmen wieder zu.
Zwist um Zug
Einer der jüngsten Auslöser war eine Zugfahrt, die die Kosovaren als Provokation aufnehmen mussten. Die Serben wollten eine bestehende Verbindung zwischen ihrem Land und dem mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo ausbauen. Doch auf den Waggons, die sie vor eineinhalb Wochen von Belgrad aus wegschickten, prangte gleich in mehreren Sprachen der Satz: "Kosovo ist Serbien". Nach empörten Reaktionen aus Pristina ließ der serbische Premier, Alexandar Vucic, den Zug kurz vor der Grenze stoppen. Präsident Tomislav Nikolic hielt das aber nicht davon ab, mit dem Einsatz der Armee zu drohen, sollten serbische Einwohner bedroht sein.
Im Nordkosovo selbst kommt es auch immer wieder zu Zwistigkeiten, etwa in der geteilten Stadt Mitrovica. Eine Brücke, die den albanischen und den serbischen Teil miteinander verbindet, aber jahrelang von den Serben blockiert war, sollte wieder geöffnet werden. Das wurde auch bei den Gesprächen in Brüssel vereinbart. Umgesetzt wurde dies allerdings noch nicht.
Zu Jahresanfang trübte ein weiteres Ereignis die Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina. In Frankreich wurde der ehemalige Rebellenführer und frühere kosovarische Premier Ramush Haradinaj festgenommen - wegen eines internationalen serbischen Haftbefehls aus dem Jahr 2004. Pristina kritisierte die Verhaftung als ungerechtfertigt. Am Wochenende demonstrierten dort tausende Menschen dafür, dass die französische Justiz Haradinaj, der mittlerweile auf freien Fuß gesetzt wurde, nicht an Serbien ausliefert.
Kurze Zeit später zeigten sich die serbischen Behörden zu einem Kompromiss bereit. Es wäre für sie annehmbar, wenn der Politiker nicht an Belgrad überstellt wird, sondern an das Kosovo-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Das Sondergericht soll sich mit den Verbrechen der kosovo-albanischen Miliz UCK befassen.
Wunsch nach EU-Beitritt
Doch trotz aller Differenzen spricht sich eine Mehrheit der Serben dafür aus, den Dialog mit dem Kosovo fortzusetzen. Das geht aus einer Umfrage des Belgrader Zentrums für Sicherheitspolitik hervor. Wie die Zeitung "Blic" berichtete, unterstützen sogar drei Viertel der Befragten die Verhandlungen mit dem Nachbarn.
Deren Aufrechterhaltung ist aber auch im Interesse der Regierung in Belgrad. Die Gespräche, die zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern führen sollen, sind nämlich eine Bedingung im Annäherungskurs an die EU, in die Serbien aufgenommen werden möchte. Vor zwei Jahren hatten die Beitrittsverhandlungen zwischen Brüssel und Belgrad begonnen, in der Zwischenzeit wurden mehrere Gesprächskapitel eröffnet. Ohne den Dialog mit dem Kosovo wäre dies kaum möglich gewesen. Umgekehrt ist es für Pristina ebenso wichtig, sich kooperativ zu zeigen.
So brachte die EU-Kommission ihre Erwartung zum Ausdruck, dass die Partner auch weiterhin zu ihren Verpflichtungen stehen. Neues Engagement von beiden Seiten sei gefragt, stellte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde fest.