US-Botschafter Trevor Traina vergleicht Trump mit Ronald Reagan und betont die guten transatlantischen Beziehungen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wiener Zeitung": Schon vor dem Nato-Gipfel in Brüssel und dem Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin in Helsinki waren die Europäer voller Misstrauen gegenüber Donald Trump. Dieses Misstrauen ist seither noch gewachsen.Trevor Traina: Die USA sind sehr an guten Beziehungen zu den Europäern interessiert. Es gab ja Kritik an der vergangenen Administration, dass beim sogenannten "Pivot to Asia", also bei der Verlagerung des US-Interessens-Fokus auf Asien zu wenig Augenmerk auf Probleme wie etwa Syrien oder die Krim gelegt wurde. Ich finde es in einem gewissen Grad auch seltsam, dass einige der Maßnahmen für Spannungen sorgen, die eigentlich im Interesse Europas sind: Ob es nun darum geht, die Nato zu stärken, oder ob es um eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Washington und Moskau geht.
Vor allem das besonders herzliche Verhältnis zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wird in einigen europäischen Ländern mit Argwohn beobachtet.
Ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass die Beziehungen zwischen Russland und den USA so schlecht sind, wie seit Langem nicht. Die USA hat nach der Invasion der Krim durch Russland scharfe Sanktionen gegen Moskau verhängt. In diesem Kontext betrachtet sieht man, wie wichtig ein direkter Dialog zwischen den Präsidenten beider Länder ist. Ich bin davon überzeugt, dass ein solcher Dialog nicht nur im amerikanischen Interesse, sondern auch im Interesse Europas ist. Gerade in Österreich höre ich immer wieder den Wunsch nach besseren Beziehungen zu Russland. Ich denke, dass viele Menschen in Österreich sehr erfreut darüber sind, dass es den Versuch gibt, die Beziehungen zwischen Russland und den USA wieder zu verbessern. Denn Wien bemüht sich ja ebenfalls intensiv um gute Beziehungen zu Moskau. Es gibt zwischen dem Präsidenten der USA und dem russischen Präsidenten viele wichtige Themen zu besprechen: Denken Sie etwa an den Syrien-Konflikt oder die Frage der Cyber-Security. Da sollten alle Seiten daran interessiert sein, dass der Dialog zwischen Trump und Putin konstruktiv ist.
Aber Trump . . .
Sie dürfen nicht vergessen, dass derselbe Präsident Donald Trump, der eben Putin getroffen hat, es war, der Europa davor gewarnt hat, zu sehr von Energielieferungen aus Russland abhängig zu sein. Und es ist derselbe Präsident Donald Trump, der der Nato mehr Geld und mehr Truppen zur Verfügung stellt.
Auch in Washington sind selbst Parteikollegen Trumps skeptisch, was den Helsinki-Gipfel betrifft. Senator John McCain hat sich sehr kritisch geäußert und selbst Newt Gingrich - ansonsten ein getreuer Trump-Anhänger - hat mit Kritik aufhorchen lassen.Die Debatten in den USA sind - was Russland betrifft - dieselben wie hier in Europa. Wenn man mit Polen oder Litauern spricht, dann merkt man schnell, dass man dort Moskau anders gegenübersteht, als in Wien oder in Rom. Die Situation ist eben kompliziert. Die einzige Lösung dieser komplizierten Situation ist einerseits eine resolute Haltung gegenüber Russland, andererseits ein konstruktiver Dialog mit Russland.
Bei allem Respekt, Herr Botschafter Traina, Sie vermeiden es, auf das Misstrauen, das Trump in seinem Verhältnis zu Putin entgegenschlägt, zu antworten. Sie sind auch nicht zu beneiden. Macht es Donald Trump Ihnen und vielen anderen Botschafterkollegen nicht unnötig schwer, die Interessen Amerikas in der Welt zu vertreten?
Ich bin Botschafter in Österreich. Und ich bin auch der Enkel eines Botschafters. Ich glaube daher an die Kraft der Diplomatie. Eines finde ich interessant: Die Ziele dieses Präsidenten sind in vielen Politikfeldern dieselben wie jene seines Vorgängers Barack Obama. Obama forderte höhere Nato-Beiträge der europäischen Partner ein, Donald Trump tut dasselbe. Und auch Präsident Trumps Vorgänger war an fairen Bedingungen im Welthandel interessiert. Der Unterschied liegt doch vor allem in der Taktik! Dort, wo Trumps Vorgänger keinen Erfolg hatte, versucht sein Nachfolger jetzt, einen anderen Weg zu gehen. Die zwei Prozent des Bruttosozialprodukts, die Nato-Mitglieder für Ihre militärische Sicherheit ausgeben wollen - das ist doch keine US Erfindung, darauf haben sich doch die Nato-Partner geeinigt! Und nun sagt der US Präsident: Wir geben mehr Geld aus, um die Sicherheit des Bündnisses sicherzustellen, warum tun das die Europäer nicht auch?
Vielleicht sollten die Europäer gleich ihre eigene Sicherheitsarchitektur aufbauen und sich in der Frage der militärischen Sicherheit von den USA emanzipieren.
Die Nato ist die erfolgreichste friedenssichernde Allianz der Geschichte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine andere Organisation die Nato in dieser Rolle ablösen könnte. Die Vereinigten Staaten haben der Nato zuletzt mehr Ressourcen, Geld und Truppen zur Verfügung gestellt, und auch die Europäer werden mehr Geld zur Verfügung stellen.
Vor Kurzem hat US Präsident Donald Trump die Europäer als Gegner bezeichnet. Das ist nicht gerade dazu geeignet, das Vertrauen zwischen USA und EU zu stärken.
Als sich ein junger Mann war, war Ronald Reagan Präsident. Man hat damals in Europa gesagt, Reagan, das ist doch nur ein schlechter Schauspieler, ein intellektuelles Leichtgewicht, ein schwacher Präsident. Wenn Sie heute mit irgendjemand von Riga bis Skopje - die heute in Freiheit leben können - über Ronald Reagan sprechen, dann klingt das ganz anders! In Skopje ist sogar eine Straße nach ihm benannt. Die Beziehungen zwischen den USA und der EU sind sehr eng. Meine Aufgabe ist es, die guten und engen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Österreich weiter zu verfestigen.
Ein anderer Schauspieler ist ein ganz scharfer Kritiker von Donald Trump. Nämlich Arnold Schwarzenegger. Der ist in Österreich beliebter als Trump. Sie sind - wie Schwarzenegger - ebenfalls Kalifornier. Wie äußert Schwarzenegger sich Ihnen gegenüber zu Trump?
Ich kenne Arnold Schwarzenegger nicht so gut, aber wir sind uns natürlich begegnet. Etwa, als er noch Gouverneur von Kalifornien war. Da war er damals damit beschäftigt, das Budget seines Bundesstaats wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Abgeordneten waren damals mit einem Gesetz über Foie gras beschäftigt. Dazu Schwarzenegger: "Ich versuche, das Budget auszugleichen, und alles was ich von den Abgeordneten auf den Tisch bekomme, ist ein Gesetz darüber, wie man Gänse füttert." Unvergesslich! Und ich kann Ihnen auch sagen, dass ich seine Filme liebe.
Wie sehen Sie die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Österreich?
Ich sehe Parallelen zwischen Österreich und den USA. In beiden Ländern leben sehr fleißige Menschen, die Wirtschaft wächst in beiden Ländern überdurchschnittlich, wir haben auch viele ähnliche außenpolitischen Interessen. Österreich hat ein gesteigertes Interesse am West-Balkan - dieses Interesse teilen wir. Und auch die Schlüssel-Themen, die Österreich für den EU-Vorsitz gewählt hat, nämlich Sicherheit der Grenzen und Migration, sind Themen, die den Menschen in beiden Länder wichtig sind. Ein weiterer Punkt: Das Klima der Innovation. Ich habe vor einigen Wochen auf dem Entrepreneur-Festival "Pioneers" in Wien viele österreichische Entrepreneure kennengelernt. Mein Ziel ist es, das hiesige Tech-Ökosystem mit jenem im Silicon Valley noch enger zu vernetzen. Viele Österreicher sind übrigens oft überrascht, wenn sie hören, dass kein anderes Land - außer Deutschland - mehr österreichische Waren kauft, als die USA.
Google wurde gerade mit einer EU-Rekordstrafe belegt. Wie ist die Reaktion der USA?
Ich habe mein erstes Unternehmen an Microsoft verkauft. Die US-Regierung hat vor Jahren Microsoft wegen eines ähnlichen Vorwurfs, wie er jetzt gegen Google erhoben wird, verklagt. Meine Erfahrung ist seit damals, dass die Regulatoren und Wettbewerbs-Hüter immer der innovativen Entwicklung hinterher sein werden. Ich glaube, im Fall von Google fehlen den europäischen Regulatoren schlicht die ausreichenden Informationen, um diesen Fall entsprechend zu bewerten. Es ist schwer zu beurteilen, wie Googles Aktivitäten das IT-Ökosystem beeinflussen und deshalb halte ich diese Entscheidung auch für unfair.
Zur Person
Trevor Traina
Der neue US-Botschafter Trevor Traina ist in San Francisco, Kalifornien, geboren. Schon sein Großvater mütterlicherseits, Wiley T. Buchanan Jr., war von 1975-77 Botschafter in Wien. Traina hat in Princeton und Oxford studiert und als Serien-Entrepreneur Karriere gemacht. Traina ist mit Alexis Swanson Traina verheiratet und hat zwei Kinder.