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Die deutsch-österreichische Grenze war am Montag noch durchlässig, die Flüchtlingsübertritte wurden aber stark reduziert.
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Salzburg. Die überfallsartige Einführung von Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland kann man als Zeichen der Handlungsstärke sehen oder als Zeichen der Überforderung. Sicher ist lediglich, dass die Maßnahme das Chaos nicht verringert, sondern vergrößert hat. Zumindest dort, wo sie die größten Auswirkungen hatte, direkt an der Grenze.
Dabei gab es auch am Montag noch Wege, in Salzburg völlig legal und unkontrolliert über die deutsch-österreichische Grenze zu kommen. Die Fußgänger- und Radfahrerbrücken über die Saalach, den Grenzfluss, wurden nicht kontrolliert. Auch die vom Salzburger Hauptbahnhof nächstgelegene, nur knappe sieben Kilometer entfernte Fußgängerbrücke wurde nur vereinzelt von Radfahrern und Spaziergängern passiert.
Dabei ist der Salzburger Hauptbahnhof seit der Nacht auf Montag wieder zu einem kurzfristigen Großquartier für Flüchtlinge geworden. 1000 Flüchtlinge verbrachten die Nacht in der zu einem Notquartier umfunktionierten Tiefgarage des Salzburger Bahnhofs. Gegen 21 Uhr befanden sich noch rund 600 Flüchtlinge in der Tiefgarage, berichtete Landespolizeidirektor Franz Ruf. Nur 33 Flüchtlinge stellen am Montag in Salzburg einen Asylantrag.
An den Hauptverkehrsrouten, den Autobahnen, Bundesstraßen und in Zügen wurden die Grenzen am Montag penibel kontrolliert. Ähnliches wie von den Fußgängerbrücken wurde aber auch von anderen kleinen Grenzübergängen, teilweise auch mit Straßenverkehr, berichtet. Dennoch herrschte im Salzburger Straßenverkehr und auf den Autobahnen Verkehrschaos. In Salzburg gab es Staus bis zu zehn Kilometer Länge, am Grenzübergang Suben in Oberösterreich Richtung Passau staute es sogar über zwanzig Kilometer Länge.
Wie sehr die offenen Grenzen Europas bereits in den Alltag der Menschen integriert waren, zeigt sich jetzt, wo sie wieder geschlossen werden. In der Zeit der offenen Grenzen waren jene Salzburger, die im grenznahen Bayern mit Ausweis unterwegs waren, die pflichtbewusste Minderheit. Auch das ist nun bis auf weiteres wieder anders. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sollen die Kontrollen für "Wochen mindestens" bleiben.
Am Montag war das Chaos im Zugverkehr, der in der vergangenen Woche die Hauptlast beim Transport von Flüchtlingen trug, besonders groß. Nach und nach fuhren die Züge, die von Sonntag, 17 Uhr, bis Montagfrüh zwischen Österreich und Deutschland komplett stillstanden, am Montag wieder. Als Letzte wurde die Verbindung zwischen Salzburg und München wieder aufgenommen.
Nachdem zwei Züge mit Flüchtlingen, einer mit 350 aus Graz, einer mit rund 100 aus Wien, die Grenze passierten, wurde der Zugverkehr zu Mittag allerdings wieder kurzzeitig ausgesetzt. Die Flüchtlinge kamen in Deutschland nicht sehr weit, sie wurden in Freilassing, dem ersten Bahnhof in Deutschland, aus den Zügen geholt.
Während im bayrischen Grenzort in der vergangenen Woche kaum Flüchtlinge ausstiegen, wurde Freilassing am Montag zum Brennpunkt auf deutscher Seite. In München kamen dagegen praktisch keine Flüchtlinge mehr an. "Wir bringen sie in eine Dienststelle in der Nähe, um mit Hilfe von Dolmetschern weitere grenzpolizeiliche Untersuchungen durchzuführen", sagte Ludger Otto, Einsatzleiter der bayrischen Polizei in Freilassing, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Schon am Vormittag war der Zugverkehr immer wieder kurzzeitig unterbrochen, nachdem kleine Gruppen von Flüchtlingen auf den Gleisen nach Deutschland gingen. Auch diese Flüchtlinge wurden in Freilassing registriert. Für ebenso kleine Gruppen, die zu Fuß über die Straßenverbindung nach Deutschland wollten, gab es dagegen kein Durchkommen. Ob jene Flüchtlinge, die es am Montag nach Deutschland schafften, in Deutschland ein Asylverfahren bekommen oder nach Österreich zurückgeschoben werden sollen, war zunächst unklar. Die unklare Lage sorgte am Salzburger Hauptbahnhof für Nervosität und Unruhe. "Die Informationen sind sehr kurzfristig", sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) am Abend nach der Sitzung des Krisenstabes.
Als sich unter den Flüchtlingen herumgesprochen hatte, dass Züge wieder nach Deutschland fuhren, drängte ein Teil der Flüchtlinge in Richtung Bahnsteig und konnte von der Polizei und Dolmetschern nur mit Mühe wieder in der Bahnhofshalle versammelt werden. Vereinzelt kamen Flüchtlinge per Bahn in Salzburg an, vereinzelt wurde Flüchtlingen aber auch erlaubt, in Züge nach Deutschland einzusteigen. Der Weitertransport sollte in geringerer Intensität und in geordneten Bahnen ablaufen, aber doch fortgesetzt werden, war die Strategie in Salzburg. "Die Mobilität geht aktuell zwar langsamer, aber sie geht trotzdem weiter", hieß es aus der Salzburger Landesregierung zur "Wiener Zeitung". Das sei auch mit den deutschen Behörden abgesprochen, um diese bei den Grenzkontrollen in den Zügen nicht zu überfordern.