Dickdarm | karzinom häufigster maligner Tumor. | Mediziner klagt: Bevölkerung zu | wenig informiert. | Wien. Mit jährlich mehr als 5000 Neuerkrankungen ist das Dickdarmkarzinom der häufigste maligne Tumor in Österreich, 3.000 Menschen sterben jedes Jahr daran. Und doch weiß die Bevölkerung zu wenig darüber, klagt der Mediziner Werner Weiss, Primar an der Wiener Krankenanstalt Rudolfsstiftung, gegenüber der "Wiener Zeitung".
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So halten einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Fessel zufolge 50 Prozent der Befragten das Dickdarmkarzinom für eine seltene Erkrankung, 70 Prozent halten sich für nicht ausreichend informiert. Immerhin steht jedoch der Dickdarmkrebs bei Männern nach dem Prostata- und Bronchuskarzinom (Lungenkrebs) an dritter, bei Frauen nach dem Mammakarzinom (Brustkrebs) an zweiter Stelle. Demnach bekommt jeder 17. Einwohner im Laufe seines Lebens ein Karzinom.
Früherkennung das vordringlichste Ziel
Das vordringlichste Ziel ist die Früherkennung und damit auch die Elimination der Tumorvorstufen, erklärt Weiss. Denn bei 90 Prozent der Fälle entstehen erst aus Polypen Krebsgeschwüre. Die Zeit dränge dabei allerdings nicht, denn bis aus einer Polypenknospe ein maligner Tumor entsteht, vergehen etwa zehn Jahre, weiß der Facharzt für Innere Medizin zu berichten. So sei eine Vorsorgeuntersuchung mittels Koloskopie (Darmspiegelung) - der effektivsten Screeningmethode -, bei der auch gleichzeitig Polypen mittels Schlinge und Strom abgetragen werden können, nur alle sieben Jahre erforderlich. Wobei der Facharzt betont, dass die viel gefürchtete Darmspiegelung heute für die Patienten schon schmerzfrei gestaltet werden kann.
Der Zeitpunkt der Ersterkrankung ist stark altersabhängig und so zeigt sich zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr eine rapide Häufigkeitszunahme. Alleine mittels einer jährlich durchgeführten Testung auf okkultes Blut im Stuhl könnte die Sterblichkeit um 33 Prozent gesenkt werden. Wiewohl der Test nicht alle Polypen und Krebsgeschwüre erfassen kann, da diese nur von Zeit zu Zeit Blut absondern. Bei positivem Ergebnis sollte allerdings in jedem Fall eine Koloskopie durchgeführt werden, betont Weiss.
Für eine optimale Früherkennung sollte ab dem 40. Lebensjahr jährlich ein Okkultbluttest und ab dem 50. Lebensjahr alle sieben Jahre eine Darmspiegelung durchgeführt werden, raten die Mediziner. Als Risikopatienten gelten vor allem Diabetiker, Übergewichtige und Frauen mit Brustkrebs.
Bei erblichen Formen des Dickdarmkarzinoms und einer entsprechenden positiven Familienanamnese - drei bis fünf Prozent sind genetisch bedingt - sollte die Koloskopie zehn Jahre früher erfolgen. Bei vererbtem Darmkrebs treten die ersten Symptome allerdings mitunter bereits im 20. bis 25. Lebensjahr auf.
Weiss erachtet die Integration der Darmspiegelung in die jährliche offizielle Gesundenuntersuchung in Österreich als "legitim und sinnvoll".
Zu den Risikofaktoren zählt vor allem die Ernährungsweise mit ballaststoffarmer, fleisch- und fettreicher Kost. Alarmsignale sind Blut im Stuhl, anhaltender Durchfall, plötzlich auftretende Verstopfung oder Wechsel von Durchfall und Verstopfung sowie langanhaltende krampfartige Bauchschmerzen. Auch Blässe und Blutarmut können ein Zeichen dafür sein, dass der Darm längere Zeit unbemerkt blutet.
Initiative M.A.L.V.E. um Aufklärung bemüht
Im Rahmen der vor bereits zwei Jahren ins Leben gerufenen Initiative M.A.L.V.E. ("Miteinander am Leben Verantwortung entwickeln") sind Fachärzte der Wiener Rudolfsstiftung rund um das Thema Krebs um Aufklärung bemüht. Vorsorgemedizin und onkologische Begleitbehandlungen stehen im Mittelpunkt. Ziel ist die Vernetzung von Angeboten - etwa alternative Methoden, Schmerztherapie, psychologische Betreuung - abseits der onkologischen Behandlung im Krankenhaus, erklärt Projektleiter Toni Niedermayr im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Informationsveranstaltungen finden monatlich jeweils von 13.30 bis 15 Uhr im Bürogebäude der Rudolfsstiftung, 1030 Wien, Boerhaavegasse 8a, statt und sind frei zugänglich (siehe Kasten).