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Dicke Luft am Dach der Welt

Von Wolfgang Tucek

Politik

Seit sieben Jahren führt die Kommunistische Partei Nepals- Maoisten (CPN-M) einen bewaffneten Kampf zum Sturz der Monarchie und der Vertreibung der Großgrundbesitzer. Ein Ende Jänner ausgerufener Waffenstillstand weckte Hoffnungen auf einen bleibenden Frieden. Im Mai wurden die Verhandlungen mit den Rebellen jedoch vorerst abgebrochen. Eine Aufforderung der Regierung, die Gespräche wieder aufzunehmen beantwortete die CPN-M nun mit einem Ultimatum.


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Bis 31. Juli habe die Regierung Zeit, die Bedingungen der Rebellen zu erfüllen, wenn sie die Wiederaufnahme der Verhandlungen wünsche, stand in dem Brief von CPN-M-Verhandlungsführer Baburam Bhattarai zu lesen, der am Montag der Regierung übergeben wurde. Eine Einschränkung der Truppenbewegungen und die Freilassung von drei Rebellenführern sei die Voraussetzung für eine Fortsetzung des Friedensprozesses.

Bhattarai übermittelte sein Ultimatum drei Tage nach einer formellen Anfrage der Regierung, die Friedensgespräche Mitte August wieder aufzunehmen. Wenn die Regierung dem Ultimatum nicht entspräche, betrachte er das als einseitige Aufkündigung des Waffenstillstandes. Auch bezweifelt er die Paktfähigkeit der Regierung ohne Teilnahme von König Gyanendra an den Gesprächen.

Die Regierung zeigte sich überrascht und erschrocken über die Reaktion der CPN-M. Ihre demokratische Legitimation ist dünn genug: Nach dem Massaker von Kronprinz Dipendra im Juni 2001, dem sein Vater, König Birendra, und ein Großteil der königlichen Familie zum Opfer fiel, bestieg der einzig überlebende Bruder des toten Königs, der heutige Monarch Gyanendra, den Thron. Nach Ausnahmezustand und Verschiebung der geplanten Wahlen letzten November regiert Gyanendra mit von ihm ernannten Protagonisten der politischen Splittergruppe PPC (Nationaldemokraten). Zugutehalten muss man dem König aber die scheinbar ernsthaften Friedensbemühungen.

Streit um Truppenbewegung

Die Regierung erklärte sich bereit, die meisten Forderungen der Rebellen zu erfüllen, falls diese sich zu einer Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen bereit erklärten. Der heikelste Punkt dürfte aber die Einschränkung der Truppenbewegungen sein, der schon im Mai nach zwei Verhandlungsrunden zum Abbruch der Gespräche geführt hatte.

Waffenruhe zum Frieden?

Nach der Ausrufung der Waffenruhe am 29. Jänner 2003 waren große Hoffnungen auf einen baldigen Frieden wach geworden, nachdem die Maoistenführer Bhattarai und Ram Bahadur Thapa, Kampfname Badal, nach sieben Jahren im Untergrund als Zeichen ihres Friedenswillens persönlich zu den Verhandlungen mit der Regierung in die Hauptstadt Kathmandu kamen. Gruppenkommandanten der CPN-M waren zuversichtlich, ihre Ziele durch Verhandlungen zu erreichen, beim Sturz der Monarchie gab man sich kompromissbereit. Die Waffenruhe wurde größtenteils eingehalten.

Der Bürgerkrieg hatte 1996 begonnen, als Bhattarei, Badal und Pushpa Kamal Dahal alias Chairman Prachanda sich von der Kommunistischen Partei Nepals-Vereinigte Marxisten und Leninisten (CPN-UML) abspalteten und den bewaffneten Kampf aufnahmen. Trotz der demokratischen Züge Nepals, das seit 1990 eine konstitutionelle Monarchie ist, herrschte in ländlichen Regionen ein ausgeprägtes Feudalsystem, das den Maoisten ein geeigneter Nährboden für ihre Rebellion war. Der Bürgerkrieg forderte bisher über 7.000 Todesopfer.