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Dicke Luft im Haus der Freiheiten

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Bruch zwischen Fini und Berlusconi. | Auch Lega Nord und UDC zeigen dem Expremier die kalte Schulter. | Wien/Rom. Nach Silvio Berlusconis Wochenendcoup mit der Gründung einer neuen Partei (Partito del Popolo delle Liberta - Partei des Volkes der Freiheiten) herrscht in seinem bisherigen Koalitionsbündnis "Haus der Freiheiten" dicke Luft. In der RAI-Politshow "Porta a Porta" (Von Tür zu Tür) machte der mit Berlusconi bisher verbündete Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale (AN), Gianfranco Fini, deutlich, dass der Bruch zwischen beiden nicht heilbar ist. Fini warf dem Ex-Regierungschef im Zusammenhang mit der Parteineugründung Schaumschlägerei vor und meinte, von Berlusconi kämen nur noch Luftnummern. Zuvor hatte sich der AN-Chef vor Kollegen in den Gängen des römischen Parlaments schon unmissverständlich geäußert: "Ich bin 20 Jahre jünger als er, und er ist nicht ewig."


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Fini und seine Parteifreunde werfen Berlusconi vor, mit einem Schlag 14 Jahre des Bipolarismus ausgelöscht zu haben. Das Ziel des Ex-Premiers, in Verhandlungen mit der Demokratischen Partei (PD) von Walter Veltroni zu einer raschen Einigung über eine Wahlreform und vorgezogenen Neuwahlen zu kommen, werde nicht aufgehen, meint Finis rechte Hand, der frühere Landwirtschaftsminister Gianni Alemanno.

Die bisherigen Verbündeten hatten Berlusconis Strategie, die Regierung Prodi durch die Senatsabstimmung über das Budget zu stürzen von vornherein als Fehler bezeichnet. Als Prodi in der Vorwoche seinen Haushalt durch den Senat brachte, trat Berlusconi mit seiner Ankündigung der Parteineugründung, der weder ein Parteitag noch eine Debatte vorangegangen waren, die Flucht nach vorne an.

Berlusconis neue Partei sei eine "Sache ohne Regeln, Programm und Werte, mehr Rauch als Braten", meinte Fini im italienischen Fernsehen.

Auch die beiden anderen Koalitionspartner Berlusconis, die Lega Nord Umberto Bossis und die christdemokratische UDC des früheren Parlamentspräsidenten Pier Ferdinando Casini zeigten dem Ex-Premier die Kalte Schulter. Bossi befürchtet, dass Berlusconi mit seiner neuen Taktik nur Prodi nützt. Sein Parteifreund Roberto Maroni sagte zu Berlusconis Parteineugründung lapidar: "Uns interessiert das nicht."

Casini, dessen Verhältnis zu Berlusconi von Höhen und Tiefen gekennzeichnet ist, seit ihm dieser einmal bei einem Abendessen einen stacheligen Kaktus auf den Sessel gestellt hatte, meinte, Berlusconi müsse begreifen, dass Politik nicht in persönlicher Revanche bestehen dürfe, weil man die Wahlen verloren habe. Im Übrigen fühle er sich selbst jetzt frei, zwischen Veltronis PD und der moderaten Rechten zu wählen.