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"Die Abhängigkeit vom Öl hat Irans Wirtschaft massiv bedroht"

Von Arian Faal

Wirtschaft

Privatisierungen sollen zu mehr Investitionen führen. | Iran wegen der Sanktionen von der Finanzkrise kaum betroffen. | "Wiener Zeitung": Der oberste Führer Irans, Ayatollah Ali Khamenei, hat die Regierung wegen ihres Wirtschaftskurses wiederholt getadelt. Wie wollen Sie die katastrophale Wirtschaftslage verbessern? | Hassan Ghashghavi: Die Abhängigkeit der iranischen Wirtschaft von Öl als Haupteinkommensquelle des Landes während der vergangenen Jahrzehnte hat unsere Wirtschaft massiv bedroht. Die Erhöhung und die Senkung des Ölpreises war für uns die größte Herausforderung und hat die Öl-exportierenden Länder mit Problemen konfrontiert.


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Die Regierung hat daher einen Wirtschaftsplan als vorübergehendes Heilmittel ausgearbeitet, um sich in dieser Situation Luft zu verschaffen. Dieser Plan wurde im Rahmen des 20-jährigen Wirtschaftsplans kreiert.

Wie sieht dieser Plan aus?

Eine der essenziellen Maßnahmen ist die Übergabe von mehr als 80 Prozent der staatlichen Firmen an den Privatsektor. Das wird einerseits eine gerechte Vermögensverteilung ermöglichen und den Einfluss des Staates reduzieren und andererseits eine Basis zur Erhöhung der Investitionen im Produktionssektor zur Folge haben.

Des weiteren beabsichtigen wir strukturelle Verbesserungen im Wirtschaftssystem vorzunehmen, etwa die Subventionsverteilung sinnvoller zu gestalten, das Zollwesen rationaler zu machen, die Warenverteilung zu optimieren. Die Regierung will dadurch ihr fundamentales Ziel, die Armut zu beseitigen, erreichen.

Die Durchführung dieses gigantischen Plans wird den Eintritt Irans in internationale Wirtschaftsordnungen, insbesondere die Mitgliedschaft an der Welthandelsorganisation erleichtern.

Obwohl Iran zur Regionalmacht aufgestiegen ist, hat die Regierung viele Versprechen nicht eingelöst. Inner iranisch brodelt es. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Die Wirtschaftspolitik war völlig transparent und eindeutig. Die Regierung will sich möglichst von der Wirtschaft fernhalten und den Menschen mehr Chancen einräumen. Nehmen Sie zum Beispiel die Erleichterungen für gewinnorientierte Unternehmen, die dadurch sehr rasch Rendite vorweisen können.

Zudem leidet die iranische Wirtschaft auch am internationalen Sanktionsdruck wegen des ungeklärten Atomstreits.. .

Sämtliche Sanktionen gegen den Iran sind illegal und gegen internationale Vorschriften. Der Westen nützt diese Methode, um auf unser Nuklearprogramm Einfluss zu nehmen und den Iran zum Stopp der Urananreicherung zu bewegen. Das ist nicht der richtige Weg.

Denn obwohl wir durch diese Sanktionen Schwierigkeiten im Außenhandel, insbesondere im nicht-staatlichen Sektor gehabt haben, zeigen die jetzigen Statistiken, dass unser Außenhandel ein beachtliches Wachstum erfahren hat.

Gleichzeitig sind aber Inflation und Preissteigerungen ebenfalls in die Höhe geschnellt.

Richtig: Die Maßnahmen haben in manchen Fällen zu Kostensteigerungen geführt. Doch andererseits muss man auch festhalten, dass die Sanktionen dazu führten, dass der Iran von der internationalen Finanzkrise am wenigsten betroffen ist. Wir haben die Sanktionen neutralisiert und neue Möglichkeiten für den staatlichen und privaten Sektor geschaffen.

Im Endeffekt haben die USA und einige westliche Länder den meisten Schaden aus diesen Sanktionen erfahren, denn sie haben einmalige Chancen auf dem iranischen Markt versäumt und ihren Konkurrenten wie China, Russland, Indien den Platz überlassen. Der heutige Weltmarkt ist ein Wettbewerbsmarkt für Anbieter.

Zur Person:

Hassan Ghashghavi ist seit rund einem halben Jahr Irans Außenamtssprecher. Der Wirtschaftsexperte war acht Jahre Abgeordneter in Irans Parlament ("Majles") und fungierte als Botschafter in Kasachstan und Schweden (bis 2008). Ghashghavi gilt in Teheran als moderater Diplomat, der den Westen gut kennt.