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"Die AfD braucht populistische Inhalte"

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare
Clemens M. Hutter war Chef des Auslandsressorts bei den "Salzburger Nachrichten".

Zwei gebildete Damen aus der AfD-Führung führen aller Welt vor, wie man demagogisch Agitation betreibt.


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"Was zur Hölle ist in diesem Land los? Wieso twittert eine offizielle Polizeiseite auf Arabisch? Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?" Spricht so eine gebildete Dame oder gar eine Aristokratin? Die Dame heißt Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, ist Rechtsanwältin und stellvertretende Chefin der rechtspopulistischen AfD. Und in einem Atemzug nannte sie Deutschland eine "Bananenrepublik". Nicht nur für kultivierte Aristokraten ist das arg ordinär, zumal Beweise fehlen. Die Polizei und an die hundert empörte Staatsbürger zeigten Storch wegen Volksverhetzung an. Um die Meinungsfreiheit Besorgte gaben aber sofort zu bedenken, die Sprache in der Politik sei halt etwas rauer. Also unterschiedliche Meinungsfreiheit für Politiker und das gewöhnliche Volk? Die Gesetze und die Verkehrsampeln gelten im demokratischen Rechtsstaat für alle gleich.

Gewiss hat Storch das verfassungsgemäße Recht, ihre Meinung zu sagen. Aber das Pauschalurteil ausgerechnet einer Rechtsanwältin über "barbarische, muslimische Männerhorden" disqualifiziert sich selbst. Sie darf sich auch empören, aber als Juristin weiß sie, dass man sich an die Fakten halten muss. Das entscheidende Faktum gab die Polizei bekannt: Seit langem informiert sie vor großen Demos (wie zu Neujahr) die Öffentlichkeit in mehreren Sprachen, darunter Arabisch.

Alice Weidel, Volkswirtschafterin und AfD-Fraktionschefin, sprang Storch wortgewaltig bei: "Unsere Behörden unterwerfen sich importierten, marodierenden, grapschenden, prügelnden, messerstechenden Migrantenmobs." Abermals ein Pauschalurteil samt Hassprediger-Litanei. Und: "Die Amtskirchen, egal ob evangelisch oder katholisch, sind durch und durch politisiert, die Trennung von Staat und Kirche wird nicht mehr eingehalten. Die AfD ist die einzige christliche Partei."

Als Führungsmitglied dieser christlichen Partei müsste sie Gottes Wort kennen: Nächstenliebe als höchstes Gebot nach der Gottesliebe und keine Lügen. Sie bräuchte auch dringend Nachhilfe in Zeit- und Kulturgeschichte, denn sie behauptete auch, "kulturfremde Völkern" wie Sinti, Roma und Arabern würden Deutschland "überschwemmen".

Die AfD-Demagogie greift Einzelereignisse heraus, löst sie aus dem Zusammenhang, garniert sie mit Vorurteilen und Ängsten und nennt das Politik für das Volk. Sie agitiert mit dem Schreckgespenst der Islamisierung, "belegt" durch die Flut von Flüchtlingen, die doch in Europa ein besseres Leben suchen und braven Einheimischen die Jobs abjagen. Und die politisch Mächtigen "da oben" geben diesen Fremden auch noch Unterkunft, Versicherung und Taschengeld, obwohl sie selbst dafür nichts geleistet haben.

AfD-Chef Alexander Gauland gab freimütig zu: "Die AfD braucht diese populistischen Inhalte, da ist das Gesicht sekundär." Damit kam die AfD bei der Bundestagswahl mit 12,6 Prozent auf Platz drei. Das heißt allerdings auch, dass 87,4 Prozent der deutschen Wähler nicht vom Populismus angesteckt sind. Die Demokratie wird also die Damen Storch und Weidel verkraften, zumal sie nur aus demagogischer Lautstärke ohne Substanz bestehen.