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Die alte Garde mischt kräftig mit

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Fast-Pensionisten kriegen viele Spitzenjobs. | Berater und Ehrenfunktionäre. | Alte Seilschaften funktionieren nach wie vor. | Klaus Liebscher ist aktiv wie eh und je: Der 69-jährige Ex-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank wollte sich zwar im September 2008 in den Ruhestand begeben, aber es kam anders: Heute sitzt er im Vorstand der Finanzmarktbeteiligungs AG (Fimbag) und ist für die Staatshilfe an die Banken zuständig. Er teilt sich die Aufgabe mit einem anderen Evergreen, dem bald 72-jährigen Adolf Wala, früher Generaldirektor der Notenbank. Damit nicht genug: Als Prokurist der Fimbag hat der ehemalige Liebscher-Intimus Dietmar Spranz (69) bis vor kurzem Boss der Münze Österreich, ein neues Betätigungsfeld gefunden. Und im Aufsichtsrat sitzt mit Hannes Androsch ein Mann, der zwar schon jenseits der 70, aber nach wie vor sehr gefragt ist.


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Liebscher fungiert seit Mitte Jänner so nebenbei auch als Aufsichtsratsvorsitzender der inzwischen verstaatlichten Kommunalkredit Austria AG. Stellvertreter des schwarzen Ex-Bankers ist - wie könnte es anders sein? -, natürlich der eingefleischte Rote Adolf Wala, der einen Pensionsschock durch private geschäftliche Aktivitäten vermeidet: Er ist geschäftsführender Gesellschafter der VBM Beteiligungsmanagement GmbH, die sich um die Errichtung eines Media-Quarters in Wien kümmert. Obendrein bleibt ihm Zeit für Aufsichtsratsmandate bei Casinos Austria und Sozialbau.

Hannes Androsch muss sich seine Zeit ebenfalls penibel einteilen, um sein unter anderem aus den Salinen Austria, AT&S, FACC, Bwin und der Consultatio bestehendes Imperium im Griff zu haben und seine Tätigkeit als Aufsichtsratspräsident des krisengebeutelten Austrian Research Centers (Stichwort: Seibersdorf) und Vorsitzender des Universitätsrats der Montanuniversität Leoben ausüben zu können. Dazu gesellen sich exakt 33 Ehrenämter: Der einstige Finanzminister und Ex-CA-Generaldirektor ist Mitglied des Senats der Akademie der Wissenschaften, Präsident der Förderer der Albertina, Vizepräsident der Österreichisch-Slowakischen Gesellschaft, Ehrenpräsident der Österreichisch-Indischen Gesellschaft, Mitglied des Ehrenpräsidiums des Wiener Männergesangvereins und vieles mehr.

Äußerst vielbeschäftigt ist auch der schwarze Androsch-Vertraute Claus Raidl, seinerzeit Wirtschaftsberater vom damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel: So wie Androsch Kanzler Werner Faymann mit Tipps zur Verfügung steht, berät der 67-jährige Voest- und Böhler-Vorstand traditionsgemäß die VP-Spitzenpolitiker. Er ist neben dem Hauptjob elffacher Aufsichtsrat, etwa bei der Wiener Börse, der Donau Versicherung und Wienerberger, sowie Generalratsvorsitzender der Oesterreichischen Nationalbank.

Der Ruhm verblasst bei manchen niemals

Claus Raidl zählt als einziger Aktiver schon jetzt zu einem typisch österreichischen Netzwerk von Old Boys: Die alte Garde, die immer noch an wichtigen Schaltstellen sitzt, besteht aus ehemaligen Politikern, früheren Bankdirektoren und einstigen Topmanagern, die teilweise jahrzehntelang befreundet sind und - egal, ob der rechten oder der linken Reichshälfte zugehörig - einflussreiche Seilschaften bilden.

Ein absoluter Doyen ist der 75-jährige Rudolf Gruber, in jeder Hinsicht noch so agil, dass er dem Aufsichtsrat der Wiener Börse AG vorsitzt. Der langjährige EVN-Generaldirektor präsidiert auch das Aufpassergremium des Energieversorgers und überwacht obendrein die Geschicke von vier weiteren Aktiengesellschaften.

Bei Abendveranstaltungen ist Gruber ähnlich häufig bei bester Kondition anwesend wie der 69-jährige Ex-OMV-Boss Richard Schenz, der seit 2001 als Pensionär ein stressloses Leben führen, Rosen züchten oder auf Weltreise gehen könnte. Schenz ist aber der lebende Beleg dafür, dass ein Generaldirektor i.R. keine Ruhe gibt: Er amtiert seit zehn Jahren als Vizepräsident der Wirtschaftskammer, ist seit 2001 Präsident der International Chamber of Commerce sowie Vorsitzender des Infrastrukturausschusses der Industriellenvereinigung und gegen Spesenersatz tätiger Regierungsbeauftragter für den Kapitalmarkt - eine Funktion, die Kanzler Faymann ersatzlos streichen wollte.

Kettenraucher Schenz, der sich als siebenfacher Aufsichtsrat auf Trab hält, betreibt mit seinem Sohn auch ein eigenes Unternehmen. Die 2005 gegründete RS Consulting- und Beteiligungs-GmbH in Gießhübl bei Wien (Geschäftsführer natürlich Richard Schenz) hat sich an sechs Unternehmen beteiligt, ein weiteres befindet sich schon wieder in Liquidation.

Die Ex-Banker sind noch längst nicht out

Bei vier einstigen Vorständen der Bank Austria ist von Ruhestand ebenfalls keine Rede: Gerhard Randa (64) fungiert ebenso wie seine Ex-Kollegen Karl Samstag, Franz Zwickl und Friedrich Kadrnoska als Vorstand der Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten. Weil das kein abendfüllendes Programm ist, hat jeder weitere Aufgaben übernommen: Am zurückgezogensten lebt noch Randa, der vor einem Jahr alle Funktionen beim Magna-Konzern zurücklegte und nur noch, wie Zwickl, Aufsichtsrat der Oesterreichischen Kontrollbank ist.

Sein ehemaliger Vize Karl Samstag (64) übt 12 Aufsichtsmandate aus (darunter Porr, Vamed, Flughafen und Verkehrsbüro) und betätigt sich als geschäftsführender Gesellschafter der A&I Beteiligung und Management GmbH, die er vor vier Jahren mit seinen Spezis Zwickl und Kadrnoska gegründet hat.

Der erst 55-jährige Franz Zwickl, noch kein bisschen pensionsreif, hat insgesamt 25 Funktionen am Hals: Er sitzt als Vorstand in fünf Stiftungen, wovon die ÖGB-nahe Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung die wohl wichtigste ist. Weiters betreibt er eine nach ihm benannte Beteiligungsverwaltung, die Hotels errichtet. Obendrein ist er fünffacher Aufsichtsrat (etwa - wie Samstag - beim Verkehrsbüro), mischt im Immobiliengeschäft mit, sitzt in den Verwaltungsräten von Conwert und Wiener Privatbank und führt laut Firmenbuch die Geschäfts von acht Unternehmen.

Friedrich Kadrnoska schließlich, der so wie Zwickl in den beiden genannten Verwaltungsräten amtiert, ist nicht ganz so fleißig: Der 57-jährige Banker hat lediglich sieben Aufsichtsratsjobs vorzuweisen, darunter Porr, Verkehrsbüro und die Wiener Börse.

Wie die Bank- Austria-Leute halten Ex-ÖVP-Obmann und Ex-Banker Josef Taus und seine Weggefährten eisern zusammen: Die 76-jährige Galionsfigur eines Firmenimperiums, dem Libro und Herold Druck angehören, ist seinem 68-jährigen Weggefährten Manfred Drennig immer noch verbunden: Seit acht Jahren teilen der frühere Girozentrale-Chef und der frühere Länderbank-Vorstand bei der 2000 gegründeten Privatconsult Vermögensverwaltung brüderlich. Übrigens: Geschäftsführer ist Ex-Länderbank-Direktor Konrad Rumpold. Der 69-jährige Ex-Banker füllt acht Jobs aus und versuchte mit seiner Authenta Gesellschaft für Unternehmensberatung und Persönlichkeitsentwicklung im Bereich Kurzentren etwas auf die Beine zu stellen - genauso wie der 76-jährige Ex-Minister und Ex-Post- und ÖBB-Boss Heinrich Übleis mit der SWH Seniorenwohnhaus GmbH.

Rumpolds früherer Kollege Herbert Cordt (62), der damals im Zuge des Länderbank-Skandals ebenfalls gehen musste, setzt auf Vertraute wie Josef Taus und Finanzzampano Martin Schlaff. Ihr größter Coup war der Kauf des bulgarischen Mobilnetzbetreibers MobilTel, der mit hohem Gewinn an Telekom Austria verhökert wurde.

Was macht eigentlich...?Erich Becker: Der einstige VA Tech-Chef, nunmehr 67, besitzt die Special Situations Invest GmbH und hat sich im vergangenen Jahr an der Gastronomiefirma seines Sohnes beteiligt. Obendrein sitzt er im Aufsichtsrat der Wiener Festwochen.

* Freimut Dobretsberger: Der 73-jährige Ex-PSK-Chef hält sich mit fünf Aufsichtsratsmandaten jung, darunter die A-Tec Industries, und gilt als einer der wichtigsten Ohrwürmer Mirko Kovats´.

* Michael Gröller: Der inzwischen 67-jährige Ex-Vorstandsvorsitzende von Mayr-Melnhof schafft neben neun Aufsichtsposten noch einige private Firmen: Er ist laut Firmenbuch sechs Mal Gesellschafter und siebenfacher Geschäftsführer, spezialisiert auf das Immobiliengeschäft.

* Rene Alfons Haiden: Der frühere Bank Austria-Boss zählt mit 78 zu Österreichs rüstigsten Pensionisten. Er hat zwar schon viele Ämter abgegeben, etwa den Vizepräsidenten der WKO, sitzt aber noch immer in zwei Privatstiftungen und vier Aufsichtsräten, etwa bei der M&A Privatbank.

* Hans Haider: Nach dem missglückten Abenteuer bei Meinl International Power (MIP) tritt der frühere Verbund-Vorstandsvorsitzende ziemlich leise: Der 66-Jährige braucht nur noch Siemens Österreich und die Energie Klagenfurt zu kontrollieren.

* Max Kothbauer: Mit 58 bekleidet der mit einer Prinzessin von und zu Liechtenstein verheiratete Ex-Postsparkasse-Chef prestigeträchtige Jobs: Er ist Vizevorsitzender im Generalrat der Nationalbank, Vorsitzender des Universitätsrates an der Uni Wien und präsidiert den Aufsichtsrat der Galerie Belvedere.

* Ferdinand Lacina: Der ehemalige Finanzminister ist mit 66 immer noch aktiv: Als Konsulent der Bank Austria hat er ein Büro und daneben noch zehn Aufsichtsratsjobs. In jüngster Zeit hatte er dabei einiges Pech - er ist nämlich für die Bank Medici (Stichwort Madoff-Skandal) und Eybl (Insolvenz) zuständig.

* Horst Pöchhacker: Der frühere Porr-Chef vertreibt sich die Zeit mit elf Aufsichtsratsposten, darunter bei der ÖBB und der Wiener Städtischen. Der 70-Jährige ist überdies Vorstand der Privatstiftung des Arbeiter-Samariter-Bundes.

* Alfred Reiter: Seine Aufpasserjobs bei der Meinl Bank und der Kommunalkredit ist er los, aber dem 69-jährigen Ex-Boss der Investkredit blieben noch vier Aufsichtsratssitze, darunter beim Flughafen Wien.

* Siegfried Sellitsch: Der einstige Städtische-General, der früher 27 Funktionen ausgeübt hat, tritt mit 68 schon etwas leiser: Er sitzt nur noch in vier Aufsichtsräten sowie im Vorstand der Privatstiftung des Arbeiter-Samariter-Bundes.

* Leo Wallner: Der 73-Jährige ist, nicht nur als Casino-Vizepräsident und graue Eminenz des Unternehmens, noch voll ausgelastet: Er fungiert unter anderem als OÖC-Präsident, ist Mitglied des IOC und obendrein Aufsichtsrat der Wiener Volksoper und des Schönbrunner Tiergartens.