![Eine Illustration eines Sanitäters in einer Kriegslandschaft.](https://media.wienerzeitung.at/f/216981/2500x1875/b4d03a9c3c/wz_podcast_arzt_storer.jpg/m/384x288/filters:quality(50))
+++ Russland und Old Europe drängen auf Partnerschaft. | Neue EU-Mitglieder sind skeptisch. | Unsicherheit über Russlands künftige Entwicklung. | Alpbach. Der Kalte Krieg ist längst vorbei, das sowjetische Imperium Vergangenheit. Statt bipolarem Gleichgewicht beherrscht heute die einzige Supermacht USA die Weltpolitik. Sehr zum Leidwesen vor allem Russlands und der Europäischen Union. In solch einer Situation kommt es schon einmal vor, dass man sich zusammensetzt und darüber nachdenkt, wie die Dinge den eigenen Bedürfnissen entsprechend geändert werden könnten. Zur strategischen Partnerschaft zweier Unzufriedener ist es da nur ein kleiner Sprung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Dass solche Überlegungen nicht nur abstrakte Gedankenspiele sind, demonstrieren die politischen Eliten auf beiden Seiten auffallend oft. Das jüngste Beispiel liefert gerade Italiens Premierminister Silvio Berlusconi, der die letzten Tage mit Russlands Präsident Wladimir Putin in dessen Sommerresidenz am Schwarzen Meer konferierte. Kooperation, Kooperation und nochmals Kooperation lautet die stets gleiche Botschaft solcher Treffen, die genauso regelmäßig und euphorisch mit Deutschland oder Frankreich stattfinden.
Innerhalb der EU differenzierte Sicht
Die politische Realität zeichnet allerdings ein etwas differenzierteres Bild. Zu diesem Ergebnis kam auch eine Diskussion am Dienstag beim Europäischen Forum Alpbach, die sich der Möglichkeit einer strategischen Partnerschaft widmete. Nicht zuletzt innerhalb der EU bestehen diesbezüglich nämlich grundlegende Differenzen. Es sind insbesondere die alten EU-Mitgliedsstaaten, die einer immer engeren Kooperation mit dem eurasischen Riesenreich das Wort reden. Für diese rangieren Fragen der militärischen Sicherheit und der Terrorbekämpfung sowie der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ganz oben.
Die neuen EU-Mitgliedstaaten verfolgen diese Entwicklung dagegen mit Skepsis. Während für diese Länder Russlands Krieg in Tschetschenien den handfesten Beweis seines militärischen Aggressionspotenzials und Ausdruck seines fehlenden Respekts für Menschen- und Minderheitenrechte darstellt, interpretieren Berlin oder Paris die blutige Kaukasus-Politik des Kreml als Zeichen seiner internen Schwäche.
Die größte Hürde für ein Zusammenrücken von EU und Russland liegt jedoch in dem, was sie noch immer trennt: Die im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion neu entstandenen Staaten wie Moldawien, Weißrussland, die Ukraine oder Georgien. Hier ringen heute sowohl Russland als auch die EU in einer Form um Macht und Einfluss, die beispielsweise im Fall von Weißrussland zu einem "neuen kalten Krieg" zwischen Polen und Russland geführt hat, analysierte Jacques Rupnik, Direktor des Zentrums für Internationale Studien und Recherchen in Paris. Es wird abzuwarten sein, ob auch die alten EU-Staaten die enge Allianz zwischen Putin und dem weißrussischen Diktator Lukaschenko zum Anlass nehmen, das Verhältnis zu Russlands Regime grundsätzlich in Frage zu stellen.
Zu den größten Skeptikern einer Partnerschaft mit Russland zählen auch die baltischen Staaten. Ihr historisches Gedächtnis an schlechten Erfahrungen mit Moskau ist umfangreich. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Vytautas Zalys vom litauischen Außenministerium lieber von gemeinsamen strategischen Interessen sprechen würde. Immerhin ist es alles andere als sicher, in welche Richtung Wladimir Putin sein Reich führen wird.