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Die amerikanische Justiz nimmt Bill Clinton erneut in die Mangel

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Washington - Während der neue US-Präsident George W. Bush im Windschatten seines Vorgängers Bill Clinton sein Image polieren kann, stehen diesem neue Auseinandersetzungen mit der Justiz ins Haus. Im Mittelpunkt der neuen Probleme des Ex-Präsidenten stehen die am letzten Tag seiner Amtszeit verkündete Amnestie für den flüchtigen Finanzjongleur Marc Rich und Geldspenden von dessen Exfrau Denise für Clintons Bibliotheksstiftung, den Senatswahlkampf von Hillary Clinton und die Demokratische Partei.


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Die US-Bundesanwaltschaft unter dem jetztigen New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani hatte 1983 das Verfahren gegen Marc Rich und seinen Geschäftspartner Pincus Green geführt, die beschuldigt wurden 48 Millionen Dollar Steuern hinterzogen und während der Geiselkrise 1980 mit dem Iran Ölgeschäfte gemacht zu haben, sowie in Betrugsaffären verwickelt zu sein. Der Milliardär Rich ist seit damals flüchtig und lebt in der Schweiz in der Nähe von Luzern.

Denise Rich, seine Ex-Frau, die die Amnestierung bei Clinton betrieben hat, hat nach Angaben der "Washington Post" in den vergangenen Jahren mehr als 1 Million Dollar für die demokratische Partei und ihre Kandidaten gespendet, 450.000 Dollar an Clintons Bibliotheksstiftung, 70.000 Dollar für Hillary Clintons Wahlkampf, 10.000 Dollar an den Verteidigungsfonds des Ex-Präsidenten und Möbel im Wert von 7.375 Dollar für die Clintons.

Denise Rich weigerte sich bisher, vor Untersuchungskommissionen des Repräsentantenhauses und des Senats auszusagen und verwies auf einen Zusatz der US-Verfassung, der Aussageverweigerung erlaubt, wenn man sonst in Gefahr käme, sich selbst zu belasten. Ihr Anwalt bestätigte aber in der Vorwoche dem Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses, dass seine Mandantin eine "enorme Summe" an Clintons Stiftung gespendet hatte.

Clinton selbst meinte zu den neuen Vorwürfen gegen ihn, dass er die Entscheidung, Rich in die Liste der 141 zu Amnestierenden aufzunehmen auf grund dessen getroffen habe, was er für richtig halte. Er wies jeden Zusammenhang mit den Spenden von Richs Exfrau als "absolut falsch" zurück.

Die jetzigen Ermittlungen werden von der New Yorker Staatsanwältin Mary Jo White geführt, die 1993 von Clinton zur Bundesanwältin berufen wurde. Sie hat bereits erklärt, die Begnadigung von Rich sei ohne vorherige Absprache mit ihrem Büro erfolgt.

Richs Anwalt, der frühere Berater im Weißen Haus, Jack Quinn, sagte vor dem Senatskomitee aus, dass er Denise Rich und ihrer Freundin Beth Dozoretz, einer früheren Finanzverantwortlichen des Demokratischen Nationalkomitees ermutigt habe, persönlich beim Präsidenten wegen einer Begnadigung vorzusprechen. Er habe aber keine der beiden gebeten, auf ihre Spenden hinzuweisen.

Auf Kritik stößt Clintons Amnestie für Rich aber nicht nur bei den gegnerischen Republikanern, sondern auch bei Parteifreunden.

Der demokratische Senator Charles E. Schumer aus New York sagte, dass es das amerikanische Justizsystem auf den Kopf stelle und zum Gespött mache, wenn man einen Flüchtigen amnestiert und sein Parteikollege Herb Kohl aus Wisconsin meinte, "dass es im ganzen Land niemand gebe, der mit der Sache vertraut ist, der nicht denkt, dass es sich bei der Rich-Begnadigung um eine Sache von Macht, Beziehungen und Geld gehandelt habe."