SPD, FDP und Grüne streiten über eine ganze Liste an Themen, die Annäherungsversuche fallen zäh aus.
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Dass es in der Koalition aus SPD, FDP und Grünen nicht zum Besten steht, war spätestens seit der vergangenen Woche nicht mehr zu leugnen gewesen. Damals war Robert Habeck in den "Tagesthemen" der ARD zugeschaltet, und der deutsche Vizekanzler erzählte nicht nur über die vielen "Knoten", die in der Ampel gelöst werden müssen, sondern beklagte sich auch bitterlich darüber, dass von den Koalitionspartnern ein noch unfertiger Gesetzesentwurf an die "Bild"-Zeitung durchgestochen wurde. Für "den billigen taktischen Vorteil" seien Abstimmungsmöglichkeiten mit den anderen Regierungsparteien zerstört worden, sagte der Grünen-Politiker.
Konkret ging es damals um das mögliche Verbot neuer Öl- und Gasheizungen ab dem Jahr 2024, das in Deutschland schon seit Wochen für Diskussionen sorgt. Doch der Konflikt um Habecks Heizungstauschprogramm, das sich ohne milliardenschwere Investitionen kaum stemmen lässt, war nur die Spitze des Eisbergs. Innerkoalitionären Zwist gab es auch um die von der FDP forcierte Blockade des eigentlich schon festgezurrten Zulassungsverbots von Verbrennungsmotoren ab 2035, die in der Vorwoche sogar den gesamten EU-Gipfel überschattet hatte, und um die Frage, welche Infrastrukturprojekte künftig beschleunigt werden sollen. Die FDP setzt dabei auf den Ausbau von Autobahnen und anderen hochrangigen Straßen, die Grünen fordern dagegen einen klaren Fokus auf die Schiene.
Marathon ohne Ergebnis
Was nicht zuletzt auch als Schärfung des jeweils eigenen Profils gedacht war, dürfte den Ampel-Partnern allerdings in der Wählergunst geschadet haben. So haben SPD und Grüne in den Umfragen seit Anfang Februar an Boden verloren, die FDP, die schon seit vielen Monaten im Tief steckt, schaffte bei den Kommunalwahlen in Berlin vor wenigen Wochen nicht einmal den Einzug ins Abgeordnetenhaus. Die Union aus CDU und CSU sowie die AfD mussten zuletzt also nicht viel mehr tun, als von der Seitenlinie aus zuzusehen, wie sich die Ampel von Tag zu Tag aufreibt.
Entsprechend hoch waren daher auch die Erwartungen an den am Sonntagabend im Berliner Kanzleramt begonnenen Koalitionsausschuss. Nach der gegenseitigen Kritik der vergangenen Tage sollte dort nicht nur über den Umgang miteinander gesprochen werden; die Ampelspitzen wollten im persönlichen Gespräch auch die größten auf dem Tisch liegenden Konfliktpunkte ausräumen. Nachdem FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner Anfang März sogar die Vorlage der Eckwerte für den Haushalt 2024 verschoben hatte, weil die Vorstellungen der drei Parteien so weit auseinander lagen, sollten nun statt Streit und Zwist endlich wieder konkrete Fortschritte einer handlungsfähigen Regierung im Mittelpunkt stehen.
Ob das gelingt, bleibt allerdings auch nach dem Koalitionsausschuss durchaus fraglich. So sind die Verhandlungen im Kanzleramt am Montagnachmittag nach einer fast 20-stündigen Marathonsitzung mehr oder weniger ergebnislos vertagt worden. Kanzler Olaf Scholz und die anderen Minister brachen nach Rotterdam zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen auf, zurück blieben die Parteisekretäre und Pressesprecher, die in knappen Mitteilungen "über die vertrauensvollen und konstruktiven Gespräche" berichteten.
Inhaltlich drang nach den Verhandlungen nur wenig durch. So hat es laut Parteikreisen zwar einige wichtige Fortschritte gegeben, bei vielen zentralen Punkten dürfte es sich aber nach wie vor spießen.
"Regierung stehend K.o."
Vor der Fortsetzung der Gespräche am Dienstag gehört das Spielfeld damit vor allem wieder der Opposition. Die Bundesregierung sei "stehend K.o.", sagte CDU-Chef Friedrich Merz nach dem Ende des Koalitionsausschusses dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Diese Regierung wurde gewählt, damit sie das Land regiert und nicht untereinander blockiert. Anstatt endloser Streitigkeiten braucht es jetzt Entscheidungen." (rs)