Zum Hauptinhalt springen

Die andere Seite der Medaille

Von WZ-Korrespondent Gerd Höhler

Politik

In Griechenland sinkt die Zuversicht, radikale Gruppierungen profitieren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Athen. (n-ost) Während die EU sich nach der Zuerkennung des Friedensnobelpreises in Brüssel selbst feiert, werden weiter südöstlich die Griechen immer mutloser. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse des Politbarometers, einer allmonatlich vom Institut Public Issue im Auftrag von Skai TV erhobenen Meinungsumfrage, zeigen ein düsteres Bild: 80 Prozent der Anfang Oktober Befragten sehen ihr Land "auf dem falschen Weg" - ein Plus von 6 Prozentpunkten im Vergleich zum September. Von der wachsenden Unsicherheit profitieren vor allem radikale politische Gruppierungen wie die Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte".

72 Prozent der 1017 repräsentativ ausgewählten Personen sind gegen das neue Sparprogramm, um das die Regierung in Athen derzeit mit den Vertretern der Gläubiger-Troika ringt. Im September waren noch 68 Prozent dagegen. Ebenfalls 72 Prozent der Griechen sagen, dass sie mit finanziellen Problemen kämpfen und erwarten, dass die Wirtschaftsentwicklung des Landes weiter bergab gehen wird. Zum Vergleich: Noch im Juli fürchteten das nur 52 Prozent.

Wachsendes Misstrauen

Weiterhin halten zwar 43 Prozent der Befragten den konservativen Premier Antonis Samaras für den geeignetsten Ministerpräsidenten. Nur etwas mehr als ein Viertel möchte den radikallinken Oppositionsführer Alexis Tsipras in dieser Rolle sehen. Immerhin vier von zehn Befragten meinen aber, dass weder die gegenwärtige Regierungskoalition noch die radikallinke Opposition qualifiziert sei, die Probleme des Landes zu lösen.

Die "Goldene Morgenröte", die bei der Parlamentswahl im Juni knapp 7 Prozent der Stimmen einsammelte, liegt nun in mehreren Meinungsumfragen auf Platz drei. Im jüngsten Politbarometer steht bereits jeder Fünfte der offen rassistisch auftretenden Gruppierung positiv gegenüber. Aktuell machen die Neonazis mit der Forderung Schlagzeilen, ausländische Kinder aus griechischen Kindergärten zu verbannen. Der Erfolg der rechtsextremistischen Partei, deren Symbol an das Hakenkreuz erinnert, gründet sich laut Experten vor allem auf die Wut vieler Griechen über den Zustrom von immer mehr illegalen Einwanderern, die in Athen mittlerweile ganze Straßenzüge in Elendsviertel verwandelt haben und von vielen für den steilen Anstieg der Kriminalität verantwortlich gemacht werden.

Das Politbarometer zeigt auch, in welchen Bevölkerungsschichten die Neonazi-Partei besonders viel Zustimmung findet: Unter den 18- bis 24-Jährigen, von denen in Griechenland mehr als jeder Zweite ohne Job ist, haben 30 Prozent eine positive Meinung von der "Goldenen Morgenröte". Auch unter den Befragten mit niedrigem Bildungsniveau, den Arbeitslosen sowie im Kleinstadtmilieu findet die Partei überdurchschnittlich große Zustimmung.