)
Nach Geständnis kurze Verhandlung und bedingte Strafe? | Weitere Prozesse stehen bevor. | Frankfurt. Er wollte als größter Arbeitsmarktreformer Deutschlands in die Geschichte eingehen und scheiterte an einer Affäre um Bestechung und Sex: Mitte Januar steht der ehemalige Volkswagen-Personalchef Peter Hartz (65) vor Gericht.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Name Hartz löst aber vor allem bei den deutschen Langzeitarbeitslosen nur noch Wut aus. Der Sohn eines Hüttenarbeiters aus dem Saarland war nach atemberaubender Karriere 1993 zum Personalvorstand des VW-Konzerns aufgestiegen. Der Duz-Freund des ehemaligen Kanzlers Gerhard Schröder (SPD) leitete die Kommission, deren Vorschläge Deutschland die Wende bei der Massenarbeitslosigkeit bringen sollten.
Doch vom Zweiklang "fördern und fordern" war vier Jahre nach der Einführung der ersten Reformschritte wenig übrig geblieben. Die Arbeitslosigkeit stieg zunächst munter weiter auf über 5 Millionen. Und der Staat sah sich Mehrkosten in Milliardenhöhe gegenüber.
Der Namensgeber Peter Hartz wird meist nur unter einem Aspekt des Gesamtpakets genannt. "Hartz IV" heißt in Deutschland das Synonym für das Arbeitslosengeld II, das Beschäftigungslose in aller Regel spätestens nach einem Jahr ohne Stelle erhalten. Alleinstehende bekommen eine monatliche Unterstützung von 345 Euro plus Miete, Energiekosten und Sozialbeiträge - das reicht in der Bundesrepublik weder zum Leben noch zum Sterben, sagen die Kritiker.
Ausgrechnet zum 65. Geburtstag von Hartz im August 2006 forderte schließlich der frühere deutsche Industriellenpräsident Olaf Henkel, die nach Hartz benannten Arbeitsmarktgesetze umzutaufen.
Sex, Reisen, "Belege"
Denn nach der Aufdeckung der Bestechungsaffäre bei VW Ende Juni 2005 geriet der Name Hartz aus ganz anderen Gründen in die Schlagzeilen. Der VW-Manager und ehemalige Hartz-Mitarbeiter Helmuth Schuster hatte ein Firmengeflecht gegründet, dem im Namen des größten Autokonzerns Europas lukrative Aufträge zugeschanzt wurden. Auf diese Weise sollten VW-Gewinne auf das eigene Konto umgeleitet werden. Mit von der Partie soll auch der damalige höchste Arbeitnehmer-Vertreter des Wolfsburger Konzerns gewesen sein. Der inzwischen zurückgetretene VW-Betriebsratschef Klaus Volkert hatte sich die Zustimmung zu Unternehmensentscheidungen seit mehr als einem Jahrzehnt offensichtlich noch auf andere Weise versüßen lassen. Luxusreisen an Strände und in Bordelle Brasiliens und Indiens - Volkert war dabei. Der Arbeitnehmer-Sprecher legte sich eine brasilianische Geliebte zu. Die Prostituierte bekam laut Ermittlererkenntnissen von 2000 bis 2004 insgesamt 400.000 Euro für ihre Dienste.
Hartz Teil des Systems
Dem Volkswagen-Konzern entstand laut Gutachten unabhängiger Wirtschaftsprüfer ein Schaden von fünf Millionen Euro - davon könnte ein Hartz IV-Empfänger mehr als 1200 Jahre leben. Arbeitsmarktreformer Peter Hartz wusste nicht nur Bescheid. Der Personalchef förderte das Selbstbedienungssystem sogar nach Kräften. Seinen Mitarbeiter Klaus-Joachim Gebauer wies der Personalchef laut Staatsanwaltschaft 1997 an, Volkert generell "großzügig" zu behandeln und "nicht kleinlich" zu sein. Er selbst zeichnete laut Anklage "Eigenbelege" ab. Das waren Spesenforderungen an VW ohne Ausgabenquittungen - zum Teil über mehrere tausend Euro.
Hartz trat im Sommer 2005 zurück und räumte im darauf folgenden Oktober erstmals eine "strafrechtliche Verantwortlichkeit" ein. Die Anklage wirft ihm Untreue in 44 Fällen vor. Sein Prozess vor dem Braunschweiger Landgericht beginnt am 17. Januar und ist wegen des Schuldeingeständnisses auf nur zwei Verhandlungstage anberaumt. Eine Bewährungsstrafe liegt durchaus im Bereich des Möglichen.
Weitere Anklagen
Im Gestrüpp aus Korruption und Lustreisen der VW-Affäre hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig nach eineinhalb Jahren nun auch die nächsten Anklagen fertig: Gegen Klaus Volkert - der zwischenzeitlich sogar in Untersuchungshaft genommen worden war und in seinem schließlichen Geständnis Hartz jetzt schwer beschuldigt - dürfte sie noch im Jänner formell erhoben werden. Ihm drohen wegen Anstiftung zur Untreue bis zu fünf Jahre Haft.
Gegen den SPD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Uhl - wegen Beihilfe zur Untreue - wurde sie am 4. Jänner an das Amtsgericht Wolfsburg geschickt, der Bundestag hatte seine Immunität bereits aufgehoben. Insgesamt sollen, geht es nach den Anklägern, heuer alle 12 Beschuldigten vor Gericht stehen.