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Die andere Seite des Transfer-Wahnsinns

Von Christian Mayr

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Die spinnen, die Briten - könnte man in Anlehnung an Asterix ausrufen. Egal, ob das bisher nur Insidern bekannte französische Offensivtalent Anthony Martial nun um 50, 60 oder gar 80 Millionen Euro zu Manchester United wechselt - dieser Transfer-Sommer sprengte alle Rekorde. So lautete zumindest die einhellige Meinung aller Experten des runden Leders - ob sie nun in Wolfsburg, München oder Hütteldorf verortet sind. Das Wörtchen "Wahnsinn" in Zusammenhang mit "Transfer" war das wohl häufigst-artikulierte zum Sommerschlussverkauf auf dem europäischen Rasen. Vor allem die Deutschen schielten neidisch auf die Insel, wo dank sprudelnder TV-Erlöse (freilich erst ab 2016) alle Ablöseschleusen weit offen standen. Der deutsche Klubfußball könne da bald nicht mehr mithalten, lamentierten die einen, mangels Starspielern verliere die Bundesliga sukzessive an Attraktivität, die anderen. Es ist schon erstaunlich, wie man einen eigentlich tollen Erfolg zu einer fundamentalen Niederlage umdeuten kann. Denn wenn jemand bereit ist, (wie im Fall von Kevin De Bruyne) 75Millionen hinzublättern - eine Summe, die dieser sicher nicht wert ist -, dann sollte sich der Empfänger über diesen goldenen Deal freuen. Dasselbe gilt für Rapid: Knapp fünf Millionen Gewinn in nur einem Jahr für Stürmer Robert Beric sind wie Ostern und Weihnachten zusammen. Von diesen Millionen können langfristig alle in einem Klub profitierten - angefangen vom Nachwuchs über die Stadioninfrastruktur bis hin zur Mannschaft, die bald neue Stars schaffen kann. Und die Gefahr, dass England bald sportlich alles dominieren und den Wettbewerb ruinieren könnte, ist nicht wirklich real. Schon bisher war das Pfund die Transfer-Leitwährung, die Ausbeute aber mager - mit zwei Champions-League-Titeln (Manchester United 2008, Chelsea 2012) und einem Europa-League-Sieg (Chelsea 2013) in der letzten Dekade. Der Wahnsinn hat eben keine Methode.