Nur noch zehn Tage sind es bis zur Wahl in Wien. Der Wahlkampf geht in seine heiße Phase. Im Endspurt macht die Wiener ÖVP einen letzten strategischen Schwenk. Hat sie bisher vor einer rot-grünen Koalition gewarnt, so operiert sie plötzlich mit dem Schreckgespenst "Rotes Wien".
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Es sei der Öffentlichkeit entgangen, betont Wien-Obmann Bernhard Görg, dass die SPÖ die absolute Mehrheit zurückerobern könnte. "Wir wollen in den letzten Tagen des Wahlkampfes klar machen, dass dies ein Rückschritt wäre", betont Görg. Und die Ungerechtigkeit des Wahlrechts könnte es möglich machen, dass die SPÖ bei 44,6 Prozent der Stimmen 50 Mandate erreicht - allerdings nur unter ganz speziellen Voraussetzungen: Die Grünen müssten mehr als 9 Prozent erreichen (die Prognosen siedeln sie bei weit mehr an), ÖVP und FPÖ müssten jeweils bei 20 Prozent liegen und das LIF müsste unter der 5-Prozent-Hürde bleiben und den Einzug in den Gemeinderat verfehlen.
Wer auch immer mit den Sozialdemokraten koaliere, er wäre angesichts deren Mandatsmehrheit zu einer Marionette degradiert, lautet Görgs strategische Warnung ans Wahlvolk.
Die SPÖ selbst spiele zwar die Möglichkeit herunter, das sei aber Täuschung. Görg wittert hierin den Plan, dass die "Genossen" sich schleichend und unauffällig die alleinige Macht in der Stadt sichern wollen. Ein Ablenkungsmanöver sei auch der große Zweikampf zwischen SPÖ und FPÖ, welcher der mächtigsten Partei nur als Paravent diene, hinter dem sie ihre eigentlichen Ziele verstecke.
Deshalb stünde in der nächsten Legislaturperiode eine Wahlrechtsreform an. Diese war zwar auch im letzten Regierungsabkommen vorgesehen, doch die ÖVP konnte - trotz Vereinbarungen - keine Mehrheit finden. "Die Änderung des Wahlrechts ist mit der SPÖ mittlerweile akkordiert", erklärt Görg, auch den Grünen sei sie zugesichert worden.