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Die Angst, nicht schön zu sein

Von Katharina Führer

Wissen
Ob Fettabsaugung oder Nasenkorrektur - immer mehr Menschen wagen den Gang zum Chirurgen. BilderBox

Viele Österreicher legen sich unbedarft unters Messer. | Keine Statistik zur Anzahl der Eingriffe. | Wien. Schönheitsoperationen boomen. Auch in Österreich. Dabei werden viele Patienten nur mangelhaft über mögliche Risiken aufgeklärt. Nach Meinung vieler Experten werden die Eingriffe von den Ärzten oft verharmlost.


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So auch bei Elfriede Müller (Name von der Redaktion geändert, Anm.): "Die Operation wurde von meinem Arzt heruntergespielt", ärgert sich die 38-Jährige im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Wirschaftsakademikerin ließ sich in Wien die Brüste vergrößern, weil sie nach Schwangerschaft und Stillen unter ihrem kleinen Busen litt.

Mit dem Ergebnis der Operation ist sie zwar sehr zufrieden - über die nachfolgenden Schmerzen und Unannehmlichkeiten sei sie aber nicht ausreichend informiert worden: "Ich bin schon seit zwei Wochen nicht einsatzfähig, kann keinen Sport betreiben, nicht einmal meine zweijährige Tochter hochheben."

Dass eine Schönheitsoperation - wie jeder andere Eingriff - immer ein Risiko ist und mitunter weitaus schlimmer enden kann als im Fall von Elfriede Müller, kann der Wiener Patientenanwalt Walter Dohr bestätigen: "Mindestens einmal pro Woche landet auf meinem Tisch eine Beschwerde über einen missglückten Eingriff."

Der Ansturm auf die Ordinationen ist groß

Wie viele Schönheitsoperationen in Österreich durchgeführt werden, darüber gibt es keine genauen Zahlen. Fest steht nur, dass es immer mehr werden. 126 Fachärzte für plastische Chirurgie gibt es in Österreich bereits, 49 davon in Wien. Der Ansturm auf deren Ordinationen ist groß.

"Immer mehr Frauen und auch Männer sind mit Ihrem Körper unzufrieden und wagen den Schritt zur Schönheitsoperation", erklärt die Psychologin Rotraud Perner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Viele fürchten, nicht gut genug auszusehen, haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder nicht richtig in der Gesellschaft integriert zu sein."

Auch der Einfluss der Medien spielt Perners Meinung nach eine große Rolle. Modetrends der Schönheitschirurgie würden nicht selten von Marketingfachleuten produktanbietender Firmen bestimmt. "Die Begehrlichkeit und Hoffnung, wie ein bestimmter Star auszusehen, ist dann groß."

Häufigster Wunsch: Brust her, Fett weg

In den USA, wo Statistiken geführt werden, hat sich die Zahl der Schönheitsoperationen in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. In der Mehrzahl führen Frauen zwischen 35 und 50 Jahren den teuren Kampf um einen schöneren Körper, bereits 12 Prozent der Kunden sind Männer.

Für Österreich könne man von ähnlichen Werten ausgehen, so die Experten. "Brustvergrößerungen und Fettabsaugungen zählen zu den häufigsten Eingriffen", erklärt Herbert Mandl, Fachobmann für Plastische Chirurgie, "im Gesichtsbereich sind es Lider und Nasenkorrekturen". Eine Statistik über die Zahl der in Österreich durchgeführten Operationen gebe es nicht, "weil derartige Eingriffe nicht von der Krankenkasse bezahlt werden und daher nicht meldepflichtig sind," erklärt Mandl.

Mehr Operationen führen natürlich auch zu mehr Beschwerden, meint Patientenanwalt Dohr. "Ich habe Patientinnen nach einer unprofessionellen Fettabsaugung gesehen, da ist Orangenhaut dagegen ein Lercherl." Das Problem bestehe darin, so Dohr "dass Schönheitschirurgie kein eigenes Fach ist - jeder Mediziner kann die Eingriffe in der Ordination durchführen".

Nach Sympathie und Referenzen

Nachdem die Krankenkassen nur in ganz seltenen Fällen für die Kosten aufkommen, gehe es meist um viel Geld. Komplikationen und Risiken, die Patienten abschrecken könnten, würden dann verharmlost oder gar verschwiegen. Selten würden Patientinnen mit ihren Wünschen wieder nach Hause geschickt, sagt Dohr. "Im Gegenteil bestätigen sie die Ärzte oft in ihrem Vorhaben - nach dem Motto: Machs ich nicht, machts der Nächste."

Der Patientenanwalt und die Psychologin raten jedenfalls, sich einen Eingriff gründlich zu überlegen, und sich genau zu informieren. Bei der Wahl des Operateurs spielen Sympathie und Referenzen eine große Rolle. "Ich kann Risiken ausschalten, wenn ich weiß, wer mich behandelt", meint auch Elfriede Müller. "So eine Operation kann man eben doch nicht einfach im Vorbeigehen erledigen", weiß sie jetzt.