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Die Angst vor der Doppik

Von Simon Rosner

Politik

Österreichs Gemeinden erwarten steigende Ausgaben und Einnahmen, die geplante Umstellung im Rechnungswesen wird eine Herausforderung werden.


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Wien. Es wird alles mehr werden für Österreichs Gemeinden. Mehr Aufgaben, mehr Ausgaben, mehr Einnahmen. Das erwarten zumindest die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister laut einer Online-Umfrage des Gemeindebundes. Sie erwarten dabei auch, dass die Balance der Erhöhungen erhalten bleibt, also die Ausgaben den Einnahmen nicht davon galoppieren. Das ist wichtig.

Doch sieht man sich die Umfrageergebnisse im Detail an, dann wird sich die Struktur der Ausgaben für Österreichs Gemeinden immer weiter in Richtung Fixkosten verschieben, vor allem in den Bereichen Soziales und Gesundheit, also bei der Pflege und der Kinderbetreuung. Einsparungsmöglichkeiten gibt in diesen Bereichen nach Ansicht der Ortschefs so gut wie keine.

Es ist auch ein Grund, weshalb sich Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebundes, strikt gegen ein zweites, verpflichtendes Gratis-Kindergartenjahr ausspricht. Nicht noch mehr! Zumal die Betreuung im Kindergarten akademisiert werden soll, was höhere Gehälter nach sich ziehen würde. "Wir können uns das erste verpflichtende Kindergartenjahr nicht leisten und überlegen schon ein zweites", sagt Mödlhammer.

Wenn nun der Anteil der laufenden Kosten in den Budgets der Gemeinden immer weiter steigt, bleibt weniger Geld für Investitionen übrig. Auch für den Arbeitsminister ist das keine gute Nachricht, schließlich ist die Bauwirtschaft kein unwesentlicher Konjunkturfaktor. Dass die Bürgermeister aber der Sanierung gegenüber Neubauten ein größeres Gewicht einräumen, ist in dieser Hinsicht aber ein Vorteil. "Sanieren ist arbeitsplatzintensiver", sagt Mödlhammer.

Die Bedarfszuweisungen, das sind Gemeindegelder, die von den Ländern an bedürftige Gemeinden vergeben werden, also eine Art Sozialfonds, sollen forciert in Sanierungen fließen, schlägt der Chef des Gemeindebundes vor.

Sorge vor neuer Buchhaltung

Noch zeigt das Kommunalbarometer jedenfalls, dass die Gemeinden bei der Infrastruktur noch am ehesten Einsparungsmöglichkeiten sehen, doch geht auch in diesem Bereich die Mehrheit von zumindest leicht steigenden Kosten aus. In der Verwaltung gehen sogar 75 Prozent von höheren Ausgaben aus. Laut Mödlhammer, der die Gemeinden gerne als Vorreiter in Sachen Verwaltungsreform darstellt, ist das auf die automatischen Vorrückungen zurückzuführen. Mag aber sein, dass sich in dieser Erwartung der Bürgermeister auch die Furcht vor der Doppik tarnt.

Die Umstellung im Rechnungswesen ist für den Gemeindebund derzeit eines der bestimmenden Themen. "Das ist nicht akzeptabel", so Mödlhammer. Die bereits auf Bundesebene erfolgte Umstellung auf das System der doppelten Buchführung soll auch bei den Ländern und Gemeinden zur Anwendung kommen, Erstere haben ihre Zustimmung gegeben, der Gemeindebund wehrt sich massiv. "Für uns ist das undenkbar." Dem Finanzministerium wurde bereits ein eigenes Modell präsentiert, auch mit dem Rechnungshof wird es ein Gespräch geben. Die Verhandlungsmasse ist allerdings eher gering.

Mödlhammer hat ein gutes Argument auf seiner Seite. Der Bundesrechnungsabschluss 2013, der erstmals nach den neuen Haushaltsregeln durchgeführt wurde und der 15.000 Seiten umfasst. So sinnvoll Transparenz auch ist: Ein Berg an Daten kann auch die Sicht verstellen. "Kein anderes Land hat so einen Zahlenfriedhof präsentiert", sagt Bruno Rossmann, Budgetsprecher der Grünen. Noch nie, sagt Rossmann, auch Haushaltsexperte der Arbeiterkammer, habe er sich in einem Rechnungsabschluss so schlecht zurecht gefunden. "Es wird dazu führen, dass sich das niemand mehr ansieht."

Fehlerhafter Abschluss

Doch genau darum soll ja das System umgestellt werden: Damit etwaige Fehlentwicklungen erkannt werden können und durch die Vereinheitlichung im Rechnungswesen die Ausgabenstruktur verglichen werden kann. Das sieht auch Rossmann so, der die Anwendung der Doppik auch für Gemeinden als sinnvoll ansieht. In Deutschland habe die Umstellung ebenso wie in der Schweiz gut funktioniert.

"Für kleine Gemeinden ist es überschaubar, aber sie werden Unterstützung benötigen, von der Software bis zu Einschulungen. Das darf man nicht unterschätzen", sagt Rossmann.

Mödlhammer wird freilich alles tun, damit es gar nicht erst dazu kommt. Die Chancen dafür stehen aber nicht besonders gut. Eine kleine Hoffnung vielleicht: In der kommenden Woche wird es einen ersten Evaluierungsbericht zum Bundesrechnungsabschluss geben. Dass dabei nicht nur die Aufbereitung mangelhaft war, sondern er auch insgesamt fehlerhaft war, darauf lässt die Beantwortung des Finanzministers auf eine parlamentarische Anfrage Rossmanns schließen. "Da die Zuverlässigkeit des Ergebnishaushaltes für 2013 allgemein beeinträchtigt schien, wurde im März 2014 von der Statistik Austria entschieden, weiterhin den Finanzierungshaushalt zu verwenden", heißt es in der Beantwortung. Ein leuchtendes Vorbild ist das Ministerium also nicht.