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Nun also Roald Dahl. Der Verlag des Kinderbuchautors und Satirikers hat beschlossen, seine Bücher auf Anstößigkeiten zu überprüfen und sie dahingehend ändern zu lassen. Sogenannte Sensitivity Reader lasen die Werke und beanstandeten alles, was irgendjemanden beleidigen könnte. Und so ist Augustus Glupsch in "Charlie und die Schokoladenfabrik" nicht mehr "enorm fett", sondern nur noch "enorm". Dass das als Beschreibung sprachlich unfertig ist und ein fetter Antagonist in einem SÜSSWARENabenteuer sehr wohl Sinn ergibt, ficht niemanden an. Die Glatzen der Hexen in "Hexen hexen" bekommen einen Einschub, dass man aus den verschiedensten Gründen eine Glatze haben kann und das ganz okay ist. Ja, außer man ist eine Hexe - aber sinnerfassendes Lesen ist beim Sensitivity Reading offenbar nicht gefragt. Reizwörter herauszufischen reicht ja.
Besonders bizarr ist aber eine Änderung in "Matilda". Dahl beschrieb deren Lesevorlieben: "Sie fuhr mit Joseph Conrad auf Segelschiffen aus alten Zeiten. Sie reiste mit Ernest Hemingway nach Afrika und mit Rudyard Kipling nach Indien." Weil hier natürlich Kolonialismus anklingt, wurde geändert: "Sie besuchte Landgüter des 19. Jahrhunderts mit Jane Austen. Sie reiste mit Ernest Hemingway nach Afrika und mit John Steinbeck nach Kalifornien." Dass das aus Matilda eine ganz andere Person macht - dafür müsste man diese wegzensurierte Literatur ja gelesen haben. Und nicht nur die entsprechenden Reizwörter.