Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wohlfeile Aufrufe zum Kampf gegen die politischen Verführer, Vereinfacher und Verhetzer sind derzeit in aller Munde. Zu Recht, die Art und Weise, wie das Brexit-Votum zustande gekommen ist - wohlgemerkt nicht die Entscheidung selbst -, eröffnet tatsächlich einen Blick in den demokratiepolitischen Abgrund. Das Problem ist: Im politischen Alltag bricht die Phalanx schnell zusammen.
Was die Front der vorgeblichen Anti-Populisten nicht erkennt (oder erkennen will), ist, dass sie selbst den Boden für den Gegner aufbereitet. Zur Veranschaulichung eine Zusammenfassung der politischen Debatten der jüngsten Tage:
Der schwarze Innenminister gießt mit Radikalvorschlägen Öl ins Feuer der hochgradig explosiven Mindestsicherungsdebatte, obwohl beide Regierungsparteien zuletzt Kompromissbereitschaft andeuteten; die FPÖ lacht sich ins Fäustchen. SPÖ, Gewerkschafter und Arbeiterkammer wettern mit Lust und Leidenschaft gegen das neoliberale Europa der Konzerne auf Kosten der kleinen Leute. Die Blauen können da nur zustimmen. Grüne und NGOs bekämpfen die beiden Freihandelsabkommen Ceta und TTIP als den leibhaftigen Untergang von Demokratie und Konsumentenschutz; die Freiheitlichen sehen das praktischerweise ganz genauso. Der dabei verlässlich mitschwingende Anti-Amerikanismus kommt dabei ganz gelegen.
Wer solche Gegner hat, braucht keine weiteren Verbündeten. Die FPÖ muss sich nur noch nach Lust und Laune am Gabentisch der aufbereiteten Argumente bedienen - mal bei den Schwarzen, dann bei den Roten, und immer wieder gerne auch bei den Grünen. Viel einfacher kann man es der FPÖ nicht machen, die gegen sie gerichtete Kritik zu widerlegen.
Dass die FPÖ mittlerweile für 50 Prozent der Bürger wählbar ist, hat sie dieser Strategie zu verdanken, sich aus dem Themenkorb der Konkurrenz zu bedienen. In den Augen ihrer schärfsten Kritiker ist die FPÖ eine Nischenpartei, rechtsaußen, fremdenfeindlich und anti-europäisch. In der Wirklichkeit besetzt sie jedes Thema, das die grassierende Unzufriedenheit anspricht. Links und rechts spielen dabei längst keine Rolle mehr. Was zählt, ist einzig die Frage, ob das Thema zur Emotionalisierung taugt.
Solange die Gegner der Vereinfacher und Verführer ihre eigene Strategie nicht ändern, werden sie den Kürzeren ziehen.