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Die Anwälte sind müde

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Protestbewegung der Juristen ist ratlos. | Lahore. "Der Anschlag galt uns", da ist sich Ghouram sicher. Der 28-jährige Anwalt aus Lahore war nur rund hundert Meter vom Gerichtsgebäude entfernt, als sich der Selbstmordattentäter in die Luft sprengte. Wie jeden Donnerstagmittag hatten sich Ghouram und seine Kollegen zu einem Protestmarsch auf der Mall Road eingefunden. "Wir waren verspätet, sonst hätte es uns auch getroffen", sagt er. "Wir hörten die Explosion. Schrecklich. Überall Blut, Trümmer, zerfetzte Körper."


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Niemand weiß bisher, wer hinter dem Anschlag in der Wirtschaftsmetropole Pakistans steckt. Und auch nicht, wem der Anschlag galt. Die Mehrzahl der mindestens 24 Todesopfer sind Polizisten. Doch Ghouram glaubt nicht, dass die Sicherheitskräfte attackiert werden sollten. Er glaubt, dass die Anwälte gemeint waren.

Im letzten Jahr machten die pakistanischen Richter und Anwälte Schlagzeilen, als sie in Anzug und Krawatte einen Bürgerprotest gegen Präsident Pervez Musharraf anführten. Doch nun ist die Bewegung für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erlahmt. Die Anwälte sind resigniert und verängstigt: erst der tödliche Anschlag auf Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto und nun auch noch die Bombe vor dem Gericht.

Außerdem stehen die wichtigsten Köpfe der Juristenbewegung weiter unter Hausarrest, obwohl Musharraf den Ausnahmezustand Mitte Dezember aufgehoben hat. Etwa der prominente Anwalt Ashan Aitzaz, der seit November in seinem Haus in Zaman Park in Lahore festsitzt. Sein Haus wird offiziell als "Unter-Gefängnis" geführt; am 1. Januar ist die Kontaktsperre nochmal um 30 Tage verlängert worden.

Aitzaz Sohn, Ali, versucht alles, um den Protest wiederzubeleben. Er reist im Land herum und hält Ansprachen vor Anwaltsvereinigungen. Die Richter sollen vor den Wahlen am 18. Februar alle wieder eingesetzt werden, fordert er.

"Der Westen will Musharraf", sagt Ghouram niedergeschlagen in seinem perfekten Englisch. Er und seine Kollegen haben Blumenkränze für die Opfer vor dem Gericht niedergelegt. Die Juristen wollen nicht aufgeben. Doch die Angst wächst.